was lest ihr gerade? - der literaturthread!

Les schon länger zäh an dem Klassiker vom Marquis de Sade "Die 120 Tage von Sodom".

Irrwitzig beschrieben, teils zum Lachen, großteils einfach nur ekelhaft. Der Film von Pasolini verwurstet das Buch allerdings als NS-Gräuel-Konglomerat, das über das ganze Thema gestülpt wird und ist weit nicht so umfangreich und krass.
 
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Kafka ... passt einfach zu gut zum österreichischen Amtschimmel. Wenn man sich mal solche Sachen anschaut.

Linzer Akten-Affäre: Daten-Chaos, tatenlose Beamte und keine Kontrollen

Und das

Beamter „verewigte“ sich auf Stadtplatz

Kafka beschreibt diese Stimmung in den kleinen verwinkelten Büros so gut. Da sitzen unsere pragmatisierten Staatsbeamten, nibbeln am morgendlichen Kaffee und haben sich ihr Stüberl in den zwanzig dreißig Dienstjahren schön hergerichtet. Bilder können von der Kulturabteilung beantragt werden, Topfpflanzen werden ebenso kostenlos gestellt.
Aber wer kommt, der stört. Das ist mal der Grundton in den österreichischen Büros, ob Landesregierung, Gemeindeamt oder Magistrat. Die Linzer Landesregierung karikiert sich selbst anhand ihrer Architektur: Auslandende Rolltreppe, verschwenderische Leerräume und Vorbauten im Hof und eine Dauerbeschallung mit einem kurzen Streichkonzert, das in periodischen Abständen bis tief in die Nacht über den Platz klingt. Und keine fünfzig Meter Luftlinie, in der Unterführung, wird mit Drogen gehandelt.

Kafka hat den Widerspruch im staatlichen Aparat, der möglichst neutral und steril daherkommen möchte, mit eigener Erfahrung im Versicherungswesen treffend beschrieben. ... Alles durchsetzt von menschlichem Irrtum, Subjektivität, Willkür und zwischenmenschlichem Drama, je näher man hinsehen (muss). Der humane Kern des Problems, das macht Kafka eben so zeitlos.
 
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Joseph Roth :)

"Hotel Savoy"
Keine Berechtigung Bilder zu betrachten - Bild entfernt.263 × 420


Das Hotel Savoy mit seiner prunkvollen Fassade scheint den Ersten Weltkrieg unbeschadet überstanden zu haben. Doch wer am livrierten Portier vorbei durch seine Eingangstür tritt, trifft im Inneren auf die bunten Existenzen einer durcheinandergeratenen Zeit: Soldaten, Millionäre, Bankrotteure, Variété-Tänzerinnen und Devisenschieber. Gabriel Dan, nach fünf Jahren Krieg und Gefangenschaft zurückgekehrt und einquartiert im 6. Stock des Hotels, gerät auch im Frieden zwischen die Fronten.
 
Kafka ... passt einfach zu gut zum österreichischen Amtschimmel. Wenn man sich mal solche Sachen anschaut.

Linzer Akten-Affäre: Daten-Chaos, tatenlose Beamte und keine Kontrollen

Und das

Beamter „verewigte“ sich auf Stadtplatz

Kafka beschreibt diese Stimmung in den kleinen verwinkelten Büros so gut. Da sitzen unsere pragmatisierten Staatsbeamten, nibbeln am morgendlichen Kaffee und haben sich ihr Stüberl in den zwanzig dreißig Dienstjahren schön hergerichtet. Bilder können von der Kulturabteilung beantragt werden, Topfpflanzen werden ebenso kostenlos gestellt.
Aber wer kommt, der stört. Das ist mal der Grundton in den österreichischen Büros, ob Landesregierung, Gemeindeamt oder Magistrat. Die Linzer Landesregierung karikiert sich selbst anhand ihrer Architektur: Auslandende Rolltreppe, verschwenderische Leerräume und Vorbauten im Hof und eine Dauerbeschallung mit einem kurzen Streichkonzert, das in periodischen Abständen bis tief in die Nacht über den Platz klingt. Und keine fünfzig Meter Luftlinie, in der Unterführung, wird mit Drogen gehandelt.

Kafka hat den Widerspruch im staatlichen Aparat, der möglichst neutral und steril daherkommen möchte, mit eigener Erfahrung im Versicherungswesen treffend beschrieben. ... Alles durchsetzt von menschlichem Irrtum, Subjektivität, Willkür und zwischenmenschlichem Drama, je näher man hinsehen (muss). Der humane Kern des Problems, das macht Kafka eben so zeitlos.
"Absurditäten der Bürokratie" ist nur eine Deutung dieses Werks. Es gibt noch andere, sehr interessante Deutungen dazu: Im Wiki gut zusammengefaßt, ausführlicher bei "Exlibris" oder "Königs Erläuterungen", Reclam Erläuterungen, OLdenbourg Erläuterungen

Biografische Bezüge

Ein reales Beispiel für das Schloss könnte der Hradschin in Prag sein, in dessen unmittelbarer Nähe Kafka selbst einige Zeit lebte. Weitere Vorbilder werden in der Nosferatu-Burg in der Hohen Tatra, im Schloss Wallensteins in Friedland oder in demjenigen im Dorf Wossek, aus dem Kafkas Vater stammte, gesehen.[27] Auch das palastartige Gebäude von Kafkas Dienstherren, der Prager Arbeiter-Unfallversicherung, in der hunderttausende von Aktenvorgängen zu bearbeiten waren,[28] soll Pate gestanden haben.
Personelle Bezüge werden zwischen der Romanfigur Frieda und Kafkas früherer Freundin Milena Jesenská gesehen. Der Gasthof „Herrenhof“ ist gleichzeitig ein Café in Wien (von den Literaten auch „Hurenhof“ genannt), in dem sich Milenas Mann Ernst Polak mit Franz Werfel, Otto Pick, Egon Erwin Kisch und Otto Gross zu treffen pflegte. In Barnabas’ Schwester Olga kann Kafkas Lieblingsschwester Ottla entdeckt werden. Die einfache, bedrückte Familie des Barnabas weist auf Kafkas zweite Verlobte Julie Wohryzek mit ihrer armen Familie hin.[29][30]
Laut Reiner Stach[31] ist es jedoch fraglich, „ob man den Landvermesser K. wirklich als Kafkas Stellvertreter, sozusagen als eine Kafka-Puppe sehen kann, an der moritatenhaft das Schicksal ihres Erfinders exerziert wird“.
Kafka ist beruflich nicht mit K. zu vergleichen, vielmehr ist sein sicherer Arbeitsplatz als Jurist in einer gehobenen Stellung bei der Arbeiter-Unfallversicherung ähnlich der Stellung der höheren Beamten des Schlosses. Bezeichnenderweise residierte diese riesige Versicherung ebenfalls in einem palastartigen Gebäude in Prag.[32] In den erhaltenen Arbeitstexten Kafkas treten Entschlossenheit und praktische Zielführung hervor. Er hat den Umgang mit der Bürokratie offensichtlich auf hohem Niveau beherrscht, im Gegensatz zu seinen Romanhelden, die, wie Peter-André Alt formuliert, „mit resignativer Passivität vor den Ordnungslabyrinthen der Bürokratie stehen“.[33]
Dennoch gibt die verunsichernde Situation K.s die Kafka eigene Sichtweise wieder, die mit seiner Lebensrealität nur teilweise oder überhaupt nicht übereinstimmte.

Deutungsansätze

Eine grundlegende Gesamtdeutung ist nicht zu leisten, es werden hier daher nur Einzelaspekte dargestellt.
Der bereits im ersten Abschnitt des Romantextes beschriebene Blick K.s angesichts des unsichtbaren Schlosses „in die scheinbare Leere“ wird im Lauf des weiteren Romans entfaltet, variiert und ausgedeutet.[34] Alle weiteren Bemühungen K.s gehen ins Leere. Durch die Mauern des Schlosses dringt niemand, weder durch beharrliches Warten noch durch Herausforderung zum Kampf, wie es der Landvermesser – zumindest zu Beginn – versuchte. Die letzte Instanz existiert, doch sie bleibt unerbittlich fern, und so ist die entscheidende Frage, ob sie auch feindselig oder gar böse ist, reine Mutmaßung. In der existentialistisch geprägten Interpretation von Albert Camus steht der ergebnislose Versuch K.s sich dem Schloss anzunähern für die berechtigte aber erfolglose Sinnsuche des Menschen (bzw. die Suche nach jeglicher Transzendenz) in einer sinnentleerten Welt.[35]
Das Schloss erscheint wie ein wandelbares psychisches System. Die Verwaltung hat Züge einer geheimnisvollen Seelenlandschaft angenommen, deren labyrinthische Struktur anziehend und erschreckend zugleich wirkt.[36] Die Bürokratie-Thematik kann bei Kafka auch als Metapher für die Unmöglichkeit einer rational-empirischen Wirklichkeitsbewältigung gesehen werden.[37]
Der Besitzer des Schlosses, Graf Westwest, der nur anfangs kurz erwähnt und dann nicht weiter thematisiert wird, hat in seinem Namen eine besondere Assoziationskraft (völliges Ende, jenseits des Endes). Er wird als Vertreter der Todessphäre oder eben auch als Jenseits und Überwindung der Todessphäre gedeutet.[38]

Bestehende bekannte Deutungen

Die Assoziationskraft des „Schlosses“ ist kaum auszuschöpfen. Am bekanntesten sind die Deutungsansätze von Max Brod und Theodor W. Adorno. Brod sah darin ein theologisches Modell, nämlich den Ort göttlicher Gnade. Als enger Vertrauter und Nachlassverwalter Kafkas konnte er dies mit einer gewissen Berechtigung vorbringen. Adorno interpretierte das Werk als Darstellung von Hierarchie- und Machtstrukturen auch künftiger totalitärer Systeme.[39]
Weitere Deutungen sehen eine schwarze Satire auf Macht, Willkür und Überbürokratisierung von Behörden und Staatsapparaten. Das „Schloss“ könnte nach psychoanalytischer Deutung auch die Welt der Väter darstellen, die zu erobern der Sohn sich vergeblich bemüht.[40]
Zur Frage, wofür das Schloss und K.s Versuche, Zugang zu erlangen, stehen, sind mit Hilfe von theoretischen Ansätzen vielfältige Studien entstanden, die wertvolle Einsichten bieten. Sie leiden aber häufig daran, dass die Autoren bestrebt sind, ihre Einsichten in einen interpretatorischen Rahmen zu zwingen, der letztendlich außerhalb des Romantextes liegt.[10]

;)
 
"Absurditäten der Bürokratie" ist nur eine Deutung dieses Werks. Es gibt noch andere, sehr interessante Deutungen dazu: Im Wiki gut zusammengefaßt, ausführlicher bei "Exlibris" oder "Königs Erläuterungen", Reclam Erläuterungen, OLdenbourg Erläuterungen

Biografische Bezüge

Ein reales Beispiel für das Schloss könnte der Hradschin in Prag sein, ...
;)

Ich red ja von Der Prozess, nicht von Das Schloss. Steht auch im zitierten Beitrag ;) :

Franz Kafka: Der ProzessKeine Berechtigung Bilder zu betrachten - Bild entfernt.

Was Interpretationen angeht, möcht ich nicht behaupten, irgendeine wäre falsch oder richtig. Dazu sind seine Werke auf eine gute Art zu offen. Die Ansätze, dass man in seinem Leben und den Orten, die er aufgesucht hat, nach Verknüpfungen sucht, ist zwar sicher gut (Schwester, Wiener Herrenhof/Hurenhof), gibt aber auch nicht alle Antworten, denk ich. Die Romane sind halt einfach mehr als bloße Versatzstücke aus Erlebtem, verbunden mit fiktiven Begebenheiten. Das ist ja die Kunst dabei.

den Film hab ich nicht besonders gefunden. Aber vielleicht les ich mal das Buch. Müsste es eigentlich eh in Projekt Gutenberg gratis geben.

Gibt's mittlerweile auch in Buchhandlungen. Hab eine Ausgabe um 12 Euro erwischt. Am Bildschirm wär mir so ein Wälzer zu anstrengend.
 
Ich red ja von Der Prozess, nicht von Das Schloss. Steht auch im zitierten Beitrag ;) :

:oops:..das habe ich jetzt durcheinander gebracht, weil du den Amtsschimmel betont hast. Daher habe ich automatisch an "Das Schloss" gedacht, weil das Buch sozusagen das berühmteste Buch der Weltliteratur ist, welches satirisch die Absurditäten der Bürokratie aufzeigt. Auch im grotesken Buch "Der Prozess" macht sich Kafka wieder über die Bürokratie & das Beamtenwesen lustig, das stimmt schon, nur spielen in diesem Buch andere Themen diesmal eine wichtigere Rolle, wie Ausgeliefertsein einer totalitären Macht mit Hinweis auf das Erstarken der Nationalsozialisten in der damaligen Zeit. Die Gerichtsbarkeit wird hinterfragt und auch die Frage der Schuld wird gestellt: Wer ist wann wieso schuldig? Clownhafte Personen kommen auch wieder vor, weißt du auch warum? Weil Kafka ein begeisterter Fan des Stummfilms damals war!:haha:
;)
 
Clownhafte Personen kommen auch wieder vor, weißt du auch warum? Weil Kafka ein begeisterter Fan des Stummfilms damals war!:haha:
;)

Ah, interessant. Es hat ja oft einen grotesken Witz, wie er die Situation und das Verhalten der Leute beschreibt. Macht Sinn, dass er da Buster Keaton und Co. gern mochte.
Mit den Verfilmungen war ich nie so richtig zufrieden. "Das Schloss" von Haneke verkommt da irgendwie zur billigen Seifenoper vom Stil her. Es wird halt ein eigenständiges Werk. Es fehlt dabei vorallem an den ganzen detaillierter, pedantischen und manischen Gedankengängen, die im Buch so stark präsent sind (dass er sich bei Barnabass so sonderbar wohl fühlt, als er sich bei ihm einhakt, fast väterlich usw.). Sowas fällt im Film untern Tisch.
 
Ah, interessant. Es hat ja oft einen grotesken Witz, wie er die Situation und das Verhalten der Leute beschreibt. Macht Sinn, dass er da Buster Keaton und Co. gern mochte.
Mit den Verfilmungen war ich nie so richtig zufrieden. "Das Schloss" von Haneke verkommt da irgendwie zur billigen Seifenoper vom Stil her. Es wird halt ein eigenständiges Werk. Es fehlt dabei vorallem an den ganzen detaillierter, pedantischen und manischen Gedankengängen, die im Buch so stark präsent sind (dass er sich bei Barnabass so sonderbar wohl fühlt, als er sich bei ihm einhakt, fast väterlich usw.). Sowas fällt im Film untern Tisch.

nein, bestimmte clownhafte Personen hat er absichtlich eingebaut, die allgemeine Beschreibung der Leute soll ja aufzeigen und nicht Slapstik bedeuten...
 
....den Haneke-Film kenne ich gar nicht, sondern den Film mit "Anthony Perkins"....Ich habe die Interpretationen gelesen und dort werden die slapstikhaften Figuren, bestimmte Figuren, die Kafka bewußt einbaut, erwähnt. Ich habe jetzt schnell auch in Wikipedia eine solche Bemerkung zu "Das Schloss"gefunden, es gibt viel ausführlichere Interpretationen, die in anderen Werken Kafkas auch solche Figuren erkennen....also nicht nur die 2 Sekretäre...guck hier:

Die Gehilfen sind unnütze, chaplineske Erscheinungen, die K. schließlich vertreibt.

Das Schloss – Wikipedia

.........das machte Kafka nur, weil er den Stummfilm so gerne mochte und hat ausnahmsweise keinen Bezug zur allgemeinen Charakterisuerung der Menschen oder Beamten.:haha:....das hat ausnahmsweise bei Kafka keine weitere Bedeutung. Keine Lehre daraus ablesbar. Andere Figuren bedeuten natürlich schon etwas. Wird in anderen Interpretationen besser erklärt.....;)

@Mitglied #551733
 
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"Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes" von Johann Peter Hebel
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Johann Peter Hebel (* 10. Mai 1760 in Basel[1]; † 22. September 1826 in Schwetzingen) war ein deutscher Schriftsteller, evangelischer Geistlicher und Lehrer. Aufgrund seines Gedichtbands Allemannische Gedichte gilt er gemeinhin als Pionier der alemannischen Mundartliteratur. Sein zweites bekanntes Werk sind zahlreiche, auf Hochdeutsch verfasste Kalendergeschichten.
Im Laufe der Diskussionen wurde Hebel schließlich Redakteur für den neuen Kalender, der den Namen Rheinländischer Hausfreund trug und erstmals 1807 erschien. Eine der wichtigsten Neuerungen des Hausfreundes war der vergrößerte Textteil, in dem „lehrreiche Nachrichten und lustige Geschichten“ veröffentlicht wurden. Hebel selbst verfasste jedes Jahr etwa 30 dieser Geschichten[27] und hatte somit maßgeblichen Anteil am großen Erfolg des Hausfreundes, dessen Auflage sich auf rund 40.000 Exemplare verdoppelte.[28] 1811 erschien obendrein das Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes, eine Sammlung der interessantesten Kalendergeschichten. Weitere Auflagen folgten 1816 und 1827. Hebels Geschichten erzählten Neuigkeiten, kleinere Geschichten, Anekdoten, Schwänke, abgewandelte Märchen und Ähnliches. Sie dienten der Unterhaltung, ließen den Leser aber auch eine Lehre aus dem Text ziehen. Die wohl bekanntesten Kalendergeschichten Hebels sind Unverhofftes Wiedersehen und Kannitverstan. Nach Ansicht Ernst Blochs ist erstere „die schönste Geschichte der Welt“.

Der kluge Richter.

Daß nicht alles so uneben sei, was im Morgenlande geschieht, das haben wir schon einmal gehört. Auch folgende Begebenheit soll sich daselbst zugetragen haben. Ein reicher Mann hatte eine beträchtliche Geldsumme, welche in ein Tuch eingenäht war, aus Unvorsichtigkeit verloren. Er machte daher seinen Verlust bekannt und bot, wie man zu thun pflegt, dem ehrlichen Finder eine Belohnung, und zwar von hundert Thalern an. Da kam bald ein guter und ehrlicher Mann dahergegangen. »Dein Geld habe ich gefunden. Dies wird's wohl sein! So nimm dein Eigentum zurück!« So sprach er mit dem heiteren Blick eines ehrlichen Mannes und eines guten Gewissens, und das war schön. Der andere machte auch ein fröhliches Gesicht, aber nur, weil er sein verloren geschätztes Geld wieder hatte. Denn wie es um seine Ehrlichkeit aussah, das wird sich bald zeigen. Er zählte das Geld und dachte unterdessen geschwinde nach, wie er den treuen Finder um seine versprochene Belohnung bringen könnte. »Guter Freund,« sprach er hierauf, »es waren eigentlich achthundert Thaler in dem Tuch eingenäht. Ich finde aber nur noch siebenhundert Thaler. Ihr werdet also wohl eine Naht aufgetrennt und Eure hundert Thaler Belohnung schon herausgenommen haben. Da habt Ihr wohl daran gethan. Ich danke Euch.« Das war nicht schön. Aber wir sind auch noch nicht am Ende. Ehrlich währt am längsten, und Unrecht schlägt seinen eigenen Herrn. Der ehrliche Finder, dem es weniger um die hundert Thaler, als um seine unbescholtene Rechtschaffenheit zu thun war, versicherte, daß er das Päcklein so gefunden habe, wie er es bringe, und es so bringe, wie er's gefunden habe. Am Ende kamen sie vor den Richter. Beide bestunden auch hier noch auf ihrer Behauptung, der eine, daß achthundert Thaler seien eingenäht gewesen, der andere, daß er von dem Gefundenen nichts genommen und das Päcklein nicht versehrt habe. Da war guter Rat teuer. Aber der kluge Richter, der die Ehrlichkeit des einen und die schlechte Gesinnung des anderen zum voraus zu kennen schien, griff die Sache so an: er ließ sich von beiden über das, was sie aussagten, eine feste und feierliche Versicherung geben und that hierauf folgenden Ausspruch: »Demnach, und wenn der eine von euch achthundert Thaler verloren, der andere aber nur ein Päcklein mit siebenhundert Thaler gefunden hat, so kann auch das Geld des letzteren nicht das nämliche sein, auf welches der erstere ein Recht hat. Du, ehrlicher Freund, nimmst also das Geld, welches du gefunden hast, wieder zurück und behältst es in guter Verwahrung, bis der kommt, welcher nur siebenhundert Thaler verloren hat. Und dir da weiß ich keinen Rat, als du geduldest dich, bis derjenige sich meldet, der deine achthundert Thaler findet.« So sprach der Richter, und dabei blieb es.
:)
 
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