Zuletzt gelesen:
E.T.A. Hoffmann 'Das Froilein von Scuderi'
Coole Kriminalgeschichte
Theodor Storm 'Der Schimmelreiter'
Wunderbare Landschaftsbeschreibungen an der Schnittstelle
von Nordsee und friesischem Festlande.
Atemberaubendes Furioso der Naturgewalten am Ende.
In beiden Werken wird die Anbahnung von Kontakten zwischen den Geschlechtern auf herrlich altmodische Weise beschrieben. Schon ein längerer Blickkontakt gilt als Verlobung.
Thomas Glavinic 'Das bin doch ich.'
Glavinic beschreibt in 'Ich-Form' den zeitgenössischen Literaturbetrieb in Wien. Die im Roman vorkommenden Personen existieren real. (Klaus Nüchtern, Daniel Kehlmann, dessen Freund er ist, etc.)
Der Roman umfasst die Zeitspanne von der Fertigstellung von Glavinic' Werk 'Die Arbeit der Nacht' bis zu dessen Veröffentlichung. Dies als ein Gliederungsmerkmal des Romans.
Das andere sind die immerwiederkehrenden Kontakte zu Daniel Kehlmann, der ihm in unregelmäßigen Abständen den aktuellen Verkauffstand von 'Die Vermessung der Welt' bekannt gibt......
Das Buch wurde von der Kritik, die ich gelesen habe, sehr positiv aufgenommen. Das Werk mag formal ein gutes sein, aber ich kann mich nicht mit der Titelfigur anfreunden.
Ich halte ihn für einen Angeber, dessen Selbstironie diesen Eindruck nicht vermindert sondern eher verstärkt: wie, bitte, ist es möglich für einen finanziell abgebrannten Autor, dem die Bank keinen Kredit mehr gewährt, fast täglich, manchmal dies sogar mehrmals, zum Inder essen zu gehen, Skiurlaub zu machen oder mit der Bahn 1.Klasse zu fahren.
Nicht gerade zur Steigerung der Sympathie trägt auch folgende Textpassage bei:
'Ehe ich einsteige, gehe ich zum Geldautomaten. Ich muß warten. Vor mir ist ein großer, kräftiger, brutal wirkender Mann an der Reihe. Er braucht lang. Als er fertig ist und sich umdreht, erkenne ich ihn, es ist die österreichische Mundartdichterin, die beim Fernsehquiz eine Million Euro gewonnen hat. Die Sendung habe ich nicht gesehen, doch seither war die Dichterin so oft in zeitungen und im Fernsehen, dass sie wohl jeder kennt.'
Nun ist es oft schwierig herauszufinden, ob der Autor solches in selbstironischer Brechung von sich gibt oder es tatsächlich so meint. Manche der dem 'Ich-Erzähler' zugeschriebenen Merkmale und Verhaltensweisen existieren in der Realität nicht: So beschreibt sich Glavinic im Roman als Trinker, in Wirklichkeit dürfte er so ziemlich das Gegenteil davon sein:
'Ein altes Leiden von mir, wenn ich zuviel getrunken habe, ist die plötzliche Anwandlung, überall Homosexuelle sowie Swingerclubbesucher zu sehen (der Prinz behauptet, das sei reine Projektion, ich sei eigentlich bisexuell und swingerclubaffin). Gerade habe ich damit begonnen, gerade enttarnte ich einen feisten Mann in der Bar als schwul und ein überdreht wirkendes Paar an der Ecke als geile Schweinchen, da kommt endlich Else herein.'
Wie ist nun eine solche Passage denn zu werten ?!
Dann werden nämlich im Roman wieder Begebenheiten und Verhältnisse geschildert, die durchaus so stattgefunden haben dürften: Die Verletzung der Rippen durch einen Sturz beim Skifahren etwa. Oder die Familienverhältnisse des 'ich-Erzählers'.
Hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des 'Ich Erzählers' ist der Roman schwer einzuschätzen......
lg,
cornaer