Manche Männer sind recht schnell am Start, Frauen zu unterstellen, ihnen Sex "grundlos", aber doch auch wieder systematisch zu verweigern. Dass es Frauen im Zusammenleben mit ihren Männern aber auch immer wieder regelrecht vergeht und somit keinerlei Erregung oder Lust auf den Partner (mehr) vorhanden ist, wird dabei einfach außer Acht gelassen. Wann immer ich das hier lese, frage ich mich, wie es sein kann dass eine Vorgeschichte, der soziale bzw. emotionale Kontext in der jeweiligen Situation und Beziehung dabei so völlig ignoriert, oder für bedeutungslos erklärt wird.
Ich habe das Glück in einer Partnerschaft leben zu dürfen, in der es mir noch nie "vergangen" ist. Eine, in der die Lust aufeinander uns bereichert und Kennzeichen ist für ein liebevolles Miteinander. Nichtsdestotrotz kenn ich so etwas aus einer Beziehung, die nun doch schon einige Jahre her ist und der (nur logisch) keine großartige Zukunft beschieden war. Ich kenne das Gefühl, wenn die Kränkung/Beleidigung gerade so tief sitzt, dass man nicht einmal weiß, wie man die Nähe im gemeinsamen Zimmer ertragen soll und seine Grabscherei im nächsten Moment einfach nur Übelkeit erzeugt.
Für mich ist es Streit, der tiefe Narben hinterlässt und bei dem er sich gerade verbal auf mich übergeben hat, der für eine längere Zeit alles erkalten lässt. Da ist Sex so lange kein Thema, bis es mir gelungen ist, wieder die nötige emotionale Nähe herzustellen. Dazu gehört aber auch, das Gesagte - so verletzend es war - verarbeiten zu können. Irgendwo in einer Ecke zu verstauen, es wegzupacken und - wenn schon nicht Frieden damit zu schließen - es zumindest unberührt dort stehen lassen zu können. Das kann mal schneller gehen, mal länger dauern, oder auch nie mehr etwas werden. Mir in einer solchen Phase eine taktische Verweigerung von Sex zu unterstellen, mit dem Ziel ihn zu manipulieren, das hat mich einfach nur sprachlos gemacht. Mit Abstand betrachtet war es aber wohl auch nur ein weiteres Kennzeichen für sein ziemlich narzisstisches Naturell. Und eher umgekehrt, der Versuch mich zu manipulieren und zu erwirken, dass ich Sex mit ihm habe, entgegen meiner emotionalen Verfassung. Diese Erfahrung hat mich persönlich zu der Erkenntnis gebracht, dass ich nie mehr eine Beziehung will, in der es (außer in absoluten Ausnahmefällen) vorkommt, dass ich keinen Sex will.
Ich denke, dass es - unabhängig vom Geschlecht - für jeden gute Gründe gibt in einer Beziehung Sex auch einmal nicht zu wollen - oder sich schlichtweg nicht darauf einlassen zu können. Von äußeren Faktoren völlig abgesehen. Ich möchte hier eigentlich nur auf die Gründe hinaus, die im zwischenmenschlichen Feld zwischen den beiden Partnern erwachsen können. Auch will ich nicht behaupten, dass dies nur in dieser Konstellation vorkommt, also geschlechtsspezifisch ist. Öffentlich in Erscheinung tritt so etwas aber doch in den allermeisten Fällen in einer Rollenzuweisung, die die Frau als die böse Verweigerin stigmatisiert und den Mann als das bedauernswerte Opfer darstellt.
Wann "vergeht" es euch in einer Partnerschaft? Unabhängig davon, welchem Geschlecht ihr Euch zugehörig fühlt. Und wie lange dauert das an?