Und was ist wenn die Wahrheit in der goldenen Mitte liegt? Was ist wenn es sowohl viele Damen gibt die den Beruf unter unbedenklichen Bedingungen ausüben, als auch viele unter nicht unbedenklichen Bedingungen?
Ich glaube übrigens nicht das die bedenklichen Bedingungen nur im versteckten Privaten Bereich zu finden sind. Der Skandal vom Babylon ist erst acht Jahre her und noch immer nicht wirklich aufgearbeitet. Da scheint es eher unglaubwürdig das es in Grindstudios keine Unregelmäßigkeiten gibt. Das es auch saubere Etablisments gibt ist natürlich auch klar.
Der Branche und ihrem Personal würde es durchaus gut tun wenn sie aus dem Schmuddeleck heraus kommen würde und mehr gesellschaftliche Akzeptanz hätte. Das würde Transparenz fördern und dies wäre dringend notwendig. Wie schön wäre es zB wenn man als Sexworker nicht mehr mit "dann oute ich dich!" erpresst werden könnte?
Und
@Mitglied #467802 ich glaube auch das eine bessere Betreuung seitens der Behörden bzw die Einrichtung einer sozialpartnerschaftlichen Vertretung, inklusive einer Erhöhung der Zugangsschranken und Verbesserung der Kontrollen sehr wohl im Sinne aller Beteiligten ist. Es gibt auch andere Jobs bei denen man strenge Gesundheitsuntersuchungen bzw psychologische Tests absolvieren muss. Warum also bei einem sehr belastenden Job (die Wahrung der Distanz, gerade bei Stammkunden zb. Das ist hier immer wieder Thema, auch unter SW) wie der Prostitution nicht?
Das Management der Balance zwischen Nähe und Distanz
ist der zentrale Kern des Geschäfts. In jeder Situation, bei jedem Date, bei jedem Kontakt, auch beim Herumschreiben mit Kunden und Interessenten. Es ist wie ein Tanz auf einem schmalen Grat - den die SW zu führen hat. Sie muss es entscheiden, wie nahe sie jemanden an sich heranzulassen bereit ist. Das kann durchaus situativ unterschiedlich sein. Das ist ja das Schöne an unserer Freiheit. Entscheidend ist nur, dass sie die Führung nie aus der Hand gibt.
Wer das nicht kann, wird Sexwork nicht lange erfolgreich betreiben können, ohne auszubrennen.
Ich würde sogar soweit gehen zu behaupten, das Management dieser Balance macht überhaupt den wahrhaftigen Inhalt von Sexwork aus. Alles andere, irgendwelche Praktiken etc, sind eigentlich zweitrangig.
Sorry, das ist für Profihuren wie mich so selbstverständlich, dass ich nur ganz leicht schmunzelnd reagieren kann, wenn irgendwelche User hier zu "professioneller Distanz" raten, wenn genau in der Entscheidung, wo auf dem Kontinuum zwischen den Polen Nähe und Distanz ich mich heute mit Kunden A verorte, morgen mit Kunden B, der Kern unserer Alltagspraxis besteht. Das ist unser Geschäft, bitte. Vielleicht könnens manche nicht, gut - dann sollen sie es im eigenen Interesse schleunigst lernen.
Eine Art Supervision oder Coaching durch erfahrene Kolleginnen ohne Konkurrenzgedanken wäre sicher hilfreich. Es gibt viel Wissen, hard und soft skills, die man sich erarbeiten, lernen, und auch teilen kann. Sowohl was Beziehungsmanagement betrifft, Prophylaxe gegen Stalking, Sekkierereien, Aufbau von Stammkundschaft, Auslese/Erkennen von guten Kunden, Ausfiltern von A-löchern, als auch direkte Sexdienstleistung an sich. Denn auch gutes Ficken will gelernt sein, und zwar so, dass man dabei gesund bleibt, die Schleimhäute schont, hygienisch gut arbeitet (für sich selbst und den Kunden), wie man sich selbst dabei Spaß und Genuss holt.
Also weniger sinnvoll: "Erhöhung von Zugangsschranken", da diese nur das Unterwandern und damit wieder das Zwielicht fördern - sondern: Einladung, wirklich für die tägliche Praxis Sinnvolles zu lernen. Professionalisierung mit einem Wort.
"Kontrollen" sind immer schlechter als Rechte. Vergleich: Wodurch wurde Vergewaltigung in der Ehe strafrechtlich verfolgbar? Nicht dadurch, dass man die Ehefrauen in Kontrollen zwingt oder einen Polizisten nebens Bett stellt, sondern indem man ihnen das Recht gab, dies anzuzeigen. Analog hilft auch im Bereich Sexarbeit nur der Ausbau von Rechten gegen Missstände weiter. Rigides Kontrolldenken befördert nur das Stigma, das auf Sexwork lastet.