Aggressive Kommunikationsverweigerung ist, um es kurz und präzis zu formulieren, eine Art soziale und/oder emotionale Verletzungsabsicht. Ich betone die Absicht - die allerdings oft genug nicht mehr von der Person kontrolliert werden kann. Oft genug steht eine autoritäre und repressive Erziehung und/oder narzisstische Eltern am Beginn.
Solch Verhalten ist pathologisch und sollte in einer Therapie bearbeitet werden (denn es handelt sich auch um selbstschädigendes Verhalten des 'Schweigenden') - eine Paarbeziehung ist jedoch keine Therapiebeziehung....
An der Stelle möchte ich doch nochmal einhaken, weil: ich kann das nicht so pauschal stehen lassen. Es wird in solchen Zusammenhängen ja gern und schnell unterstellt, es stünde Absicht dahinter, wenn einer der Partner die Klappe nicht aufkriegt.
Mein Mann ist Autist, ein nicht gerade geringer Teil unserer Konflikte entsteht aus nicht Gesagtem. Sei es, weil er mich oft als Art "Erweiterung" seiner selbst wahrnimmt und damit vieles einfach nicht sagt, weil er wie selbstverständlich davon ausgeht, ich wüßte eh schon, was er denkt, oder eben einfach auch, weil emotionale Zusammenhänge für ihn nur begrenzt wahrgenommen werden können. Wenn ich im "gängigen" Modus mit ihm rede und die "üblicherweise zu erwartenden Reaktionen" ausbleiben, entsteht sehr schnell so eine Art Vakuum (ich erinnere mich vor allem an die ersten Jahre, wo schnell mal von mir ein "du willst mich wohl verarschen, red ich chinesisch?" rausgeballert wurde.
Ich denk, wenn man wiederholtes Verhalten vom Partner als kränkend empfindet, macht's Sinn, sich irgendwann in aller Ruhe und vielleicht auch alleine hinzusetzen und anzufangen zu überlegen, wie gut man den Partner wirklich kennt. Ob das, was man so liebt, tatsächlich der Person entspricht und nicht nur dem Bild, das man sich von ihr macht.
Männer sind ja jetzt nicht gerade mein Spezialgebiet, aber mir scheint, daß gerade in Sachen Kommunikation da doch einige gravierende Unterschiede zu weiblichem Kommunikationsverhalten existieren. Meiner Wahrnehmung nach verfügen Frauen über ein ungleich vielschichtigeres Repertoire an Ausdrucksmöglichkeiten, auch ihre "Antennen" sind meist ausgeprägter - sie nehmen so ganz nebenbei auch nicht gesagte Informationen mit auf, über Mimik, Gesten, Körperhaltung usw. (in meinem Fall "spüre" ich oft regelrecht Schwingungen in der Luft, die mir eine Stimmung anzeigen und auf die ich reagiere). Wenn ich nun aus dieser Fülle an Informationen heraus "reagiere", überfordere ich meinen Mann - ich merke das, wenn sein Blick/die Mimik "versteinert". Frühere Versuche, dann NOCH besser zu erklären, was ich meine, führte oft zur Eskalation.
Ähnliches kriege ich auch bei anderen mit, wo der männliche Partner nicht-Autist ist, wenn auch nicht ganz so stark ausgeprägt. Mir scheint, daß hier oft der Hase im Pfeffer liegt. Die weibliche Kommunikationsebene wird nicht gerade selten als Maßstab für "richtige" Kommunikation genommen, was aber notgedrungen nur einer Hälfte der Kommunizierenden gerecht wird. Gerade wenn's um Beziehungsdinge geht - da wird dann schnell von Gefühlskälte, von Arroganz, von Lieblosigkeit erzählt und dabei außer Acht gelassen, daß derjenige, der so "lieblos" agiert, mindestens ebenso mißverstanden und gekränkt wird, wenn er verzweifelt versucht zu vermitteln, daß er seine ach so tief verletzte Kirsche ja nicht kränken wollte, aber ganz objektiv feststellen muß, daß die Hose, die sie im vergangenen Jahr gekauft hat, mittlerweile wie eine zu enge Wursthaut an ihr sitzt.
Wenn ein Partner sagt: "Ich KANN nicht anders" als schweigen, würde ich das ernst nehmen. Das deutet nicht auf Verletzungsabsichten hin.