Ich denke mal extrem bearish f. den Aktienmarkt ist die Angst vor der Inflation, bzw. die daraus resultierenden Zinsen welche
die Notenbanken anheben werden/müssen/können um eben die Inflation abzuwürgen.
Grundsätzlich befinden wir uns auf globaler Ebene nach wie vor auf einem dynamischen Wachstumskurs. Die wirtschaftliche Erholung nach der coronabedingten Rezession dauert an und wird sich vermutlich auch im kommenden Jahr fortsetzen, was sich in einem überdurchschnittlich hohen Wirtschaftswachstum niederschlagen wird.
Allerdings sehen sich die Kapitalmärkte mit einigen Unsicherheitsfaktoren konfrontiert.
Die Konjunkturdaten in den USA und China deuten darauf hin, dass der Wachstumspeak bereits überschritten ist, Europa hinkt der Erholung nach wie vor ein wenig hinterher und die Erholung der Schwellenländer bleibt divergent, abhängig von den dort geltenden Corona-Restriktionen und den Rohstoffvorkommen.
Das klingt jetzt dramatischer als es tatsächlich ist. Es ist sogar positiv, dass diese außergewöhnlich hohe Dynamik ein wenig abnimmt, da eine Volkswirtschaft eine Nachfrage über den Produktionskapazitäten über einen längeren Zeitraum gar nicht tragen kann, ohne dass beispielsweise ein massiver Preisdruck entsteht. Entscheidend ist, dass das Wachstum nicht wieder in sich zusammenfällt, sondern eine gewisse Dynamik beibehält.
Diese Wachstumsverlangsamung kann natürlich zu Enttäuschungen in den hohen Gewinnerwartungen der Anleger führen und somit Druck auf die Aktienkurse, in denen diese Erwartungen ja grundsätzlich eingepreist sind, ausüben.
Einen weiteren Unsicherheitsfaktor stellt die Regulierungsoffensive in China dar, die die dortige Immobilienkrise und Schieflage von Evergrande erst verursacht hat und die bereits zuvor die Technologie- und Bildungsdienstleister ins Visier genommen hatte. Hinzu kommt eine allgemeine Unsicherheit den Immobiliensektor in China betreffend. Lt. Schätzungen beträgt der Anteil der Bauwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt des Landes rund 29%, bei gleichzeitig hohem Leerstand an Immobilien. Möglicherweise gelingt es, kontrolliert die Spekulation aus diesem Markt zu nehmen, ohne Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum wird es aber wohl nicht bleiben.
Auch ein sich abzeichnender Mangel an Arbeitskräften könnte kurzfristig die Dynamik etwas bremsen und Druck auf die Märkte ausüben. Viel gravierender als dieser kurzfristige Arbeitskräftemangel wird sich vermutlich die demographische Entwicklung in der Zukunft niederschlagen. Die Überalterung der Gesellschaft nicht nur in Europa, sondern auch in China wird in den nächsten 20 Jahren zu massiven Engpässen im Arbeitskräfteangebot führen.
Bei den Inflationsentwicklungen muss man strikt zwischen den USA und Europa bzw, der Eurozone unterscheiden:
Derzeit liegt die Inflation in den USA bei etwa 5,4% im Vgl. zum Vorjahreszeitraum und wird voraussichtlich auch im kommenden Jahr über dem Ziel des Federal Reserve Board liegen. Die Wirtschaft der USA operierte bereits vor der Pandemie nahe einer Vollbeschäftigung und voller Auslastung der Produktionskapazitäten, die Wachstumserholung setzte früher ein und verläuft seither wegen der sehr hohen fiskalischen Unterstützung auch dynamischer als in Europa. Unterstellt man basierend auf Schätzungen eine Produktionslücke zwischen 490 und 900 Milliarden USD, wird deutlich, dass die Fiskal- und Investitionsausgaben der Biden-Administration, die im Gegensatz zu geldpolitischen Maßnahmen unmittelbar nachfragewirksam werden, diese Lücke doch deutlich übersteigen und somit zu einem gewissen Preisdruck führen. Die Schätzungen können natürlich falsch sein, die Multiplikatoren niedriger ausfallen, das Produktionspotenzial höher sein, oder die Nachfrage schwächer ausfallen, derzeit deutet aber einiges darauf hin, dass die Wirtschsaft in den USA heiß läuft.
Gleichzeitig dürfte sich in den USA – zumindest partiell – eine Lohn-Preis-Spirale in Gang setzen. Viele Unternehmen, insbesondere im Niedriglohnsektor, haben schon jetzt Probleme, ausreichend Mitarbeiter zu gewinnen und reagieren mit höheren Löhnen auf diese Entwicklung.
In der Eurozone bzw. Europa zeichnet sich ein gänzlich anderes Bild: die Erholung verläuft langsamer, aber dafür stetiger als in den USA, auch weil die fiskalischen Impulse seit Ausbruch der Pandemie hierzulande kleiner waren. Dazu kommt, dass die Produktionslücke deutlich größer ist und sich auch langsamer schließt, weshalb der Preisauftrieb in der Eurozone auch nicht so stark ausfällt und aus heutiger Sicht zeitlich begrenzt sein wird.
Für die Aktienmärkte bedeutet eine hohe Inflation nicht automatisch eine schlechtere Performance, dies hängt stark davon ab, ob und in welchem Ausmaß die Unternehmen die gestiegenen Kosten an die Endverbraucher weitergeben können. Ist dies möglich bleiben die Margen der Unternehmen relativ stabil.
Und abschließend noch ein paar Worte zur Geldpolitik und den (erwarteten) Zinserhöhungen.
Als große Unsicherheit würde ich diese nicht sehen, da die Notenbanken ihre Geldpolitik im Zuge der Forward Guidance deutlich kommunizieren.
Zunächst einmal muss man hier zwischen kurzfristigem Geldzins bzw. dem Leitzins und der Verzinsung von Anleihen unterscheiden. Erstere haben zunächst einmal überhaupt keinen Einfluss auf die Aktienmärkte, wogegen höher verzinste Anleihen oftmals zu einer Umschichtung risikobehafteter Aktiva zu hochwertigen Staatsanleihen führen und damit die Aktienmärkte unter Druck bringen.
Auch hier muss man zwischen den USA und der Eurozone unterscheiden: die Fed hat angekündigt ihre Netto-Anleihenkäufe! schrittweise zu reduzieren. Derzeit kauft die Fed jeden Monat US-Staatsanleihen und Pfandbriefe im Wert von 120 Milliarden USD. Dieser Betrag würde dann um jeweils 15 Milliarden zurückgeschraubt werden, bis die Fed keine weiteren Wertpapiere mehr aufkauft. Das bedeutet aber keinesfalls, dass die Geldbasis M0 dadurch zurückgefahren werde, es erfolgt lediglich keine Ausweitung mehr. Denn auch nach dem Ende des Tapering-Prozesses wird die Fed noch weiter Wertpapiere kaufen, die zur Aufrechterhaltung des Umfangs ihrer Bilanz dienen und alte, fällig werdende Papiere ersetzen. Den kurzfristigen Geldzins wird man aller Voraussicht nach Ende des Tapering langsam erhöhen.
In der Eurozone wird man auch 2022 den Leitzins unverändert lassen. Das Pandemic Emergency Purchase Programm wird vermutlich im ersten Halbjahr 2022 eingestellt werden, das Asset Purchase Programm wird aber wohl noch für einen längeren Zeitraum weiterlaufen, eventuell sogar in größerem Umfang.
Aber auch all das wird nichts daran ändern, dass Aktien die Anlageklasse mit den mittel- bis langfristig besten Renditeaussichten bleiben dürften. Kurz- bis mittelfristig mögen die Renditen das Niveau der erfolgsverwöhnten Jahre verlassen und sich bei 5 oder 6 Prozent einpendeln, aber wie heißt es so schön: mit Prognosen und der Zukunft ist es so eine Sache, sie können stimmen aber auch nicht.
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