Offenbar ist einigen der elementare Zusammenhang Nachfrage (Z) = Volkseinkommen (Y) = Konsum (C) + Investitionen (I) + [Staatsausgaben (G) - Steuern (T)] + Nettoexporte (NX) nicht ganz geläufig.
Beginnt eine (geschlossene) Volkswirtschaft in ihrer Gesamtheit zu sparen, was nichts anderem als einem Konsumverzicht gleichkommt, führt dies zu einem Rückgang der Nachfrage. Dies wiederum führt zu einem Rückgang der Produktion und damit einhergehend einem Rückgang der Investitionen. Das gesamtwirtschaftliche Einkommen sinkt, und zwar stärker als der ursprüngliche Rückgang des Konsums (siehe Abb.: die Nachfrage sinkt ---> Nachfragekurve verschiebt sich nach unten ---> ein neues Gleichgewicht stellt sich bei niedrigerem Einkommen im Punkt A' ein, Einkommen sinkt von Y ---> Y').
Im Fall exogen gegebener Investitionen (Staatsausgaben/Steuern) sinkt bei geringerem Konsum die Nachfrage. Hierdurch fallen Produktion und Einkommen. Die Haushalte sparen nun einen größeren Teil eines geringeren Einkommens. Da die Nettovermögensbildung aber immer der Summe aus Investitionen und staatlicher Neuverschuldung entsprechen muss, verändert sich die absolute Höhe ihrer Ersparnis nicht. Trotz erhöhter Sparanstrengung ist nicht die Ersparnis gestiegen, sondern das Einkommen gesunken.
Im Fall endogener Investitionen sind die Investitionen zusätzlich auch vom Einkommen abhängen. Der Wunsch nach einer höheren Ersparnis führt dazu, dass Einkommen und Investitionen fallen. Im Unterschied zu exogen gegebenen Investitionen führt die erhöhte Sparanstrengung jetzt sogar dazu, dass die absolute Höhe der Ersparnis sinkt.
Einzig über eine positive Leistungsbilanz kann in einer offenen Volkswirtschaft ein Konsumverzicht ausgeglichen werden. Österreich ist dies nur äußerst selten gelungen, der Welt in ihrer Gesamtheit als geschlossene VW ohnehin nicht. Und selbst den Deutschen dämmert es seit Bestehen der Sanktionen gegen Russland allmählich, dass permanente Leistungsbilanzüberschüsse nicht das beste Geschäftsmodell sind, heißt es auf Seite der Kapitalbilanz nichts anderes, dass man Forderungen gegen ein ausländisches Bankensystem hat. Ein Bankensystem über das man keine Verfügungsgewalt hat.
Kritiker werden jetzt einwenden, dass der Gütermarkt gemäß Sayschem Theorem über den Zins (erhöhte Sparneigung führt zu fallenden Zinsen, was wiederum zu steigenden Investitionen, die der Sparneigung gegenläufig entgegenstehen) geräumt wird. Dies ist sowohl aus modelltheoretischer als auch empirischer Sicht falsch. Aus modelltheoretischer Sicht, weil das Saysche Theorem
a. auf den Annahmen der Theorie der Finanzintermediäre und der klassischen Zinstheorie fußt, welche nachweislich falsch sind
und
b. (langfristiger) Realzins und insbesondere Renditeerwartungen diesem Modell gänzlich unbekannt sind.
Für Investition ist allerdings der Realzins, welcher sich während einer Deflation aus dem Nominalzins und der (erwarteten) Deflationsrate errechnet, von entscheidender Bedeutung und nicht der kurzfristige Geldmarktzins. Für Investitionsentscheidungen ist sowohl der langfristige wie auch der kurzfristige Realzins entscheidend. Der langfristige Realzins entscheidet, ob eine Investition überhaupt getätigt wird, ihre Rendite muss den langfristigen Realzins übertreffen. Der kurzfristige Realzins entscheidet darüber, ob die geplante Investition umgehend begonnen oder wegen eines erwarteten Falls der Investitionskosten noch hinausgeschoben wird. Werden stagnierende Löhne und fallende Preise erwartet, führt dies dazu, dass der kurzfristige Realzins vergleichsweise hoch ist. Vor allem in einer deflationären Depression übertrifft die erwartete Rendite einer Investition daher selten den kurzfristigen Realzins. Die Investitionen bleiben aus.
Auch die vermeintliche Identität I=S (sprich Investitionen müssen in einer geschlossenen VW immer gleich der Ersaprnis sein) als Gegenbeweis ist nicht zulässig.
Gemäß Einkommen (Y) = Konsum (C) + Steuern (T) + Ersparnis (S) ist die Ersparnis (S) nichts anderes als ein Residuum, also jener Teil des Einkommens der nicht verkonsumiert oder für (Netto)steuern ausgegeben wurde und dürfen daher nicht kausal für Ex ante Investitionen verstanden werden. Auch in der VGR wird sie als Ex post Identität aufgefasst, wonach die Ersparnis nicht nur für Ex ante Investitionen verwendet wird, sondern auch für Ex post Investitionen.
Und auch falsch aus empirischer Sicht: denn gemäß Sayschem Theorem dürfte keine Bilanzrezession wie beispielsweise in Japan, in Italien in den 90ern und in Teilen der Europ. Union nach der Finanzkrise zu beobachten sein.