rawi ist spö-politiker, also von natur aus ein gemässigter
Zu Al Rawi und Schirrmacher: Die negative Haltung von Al Rawi zu Schirrmacher ist verständlich. Ich denke, man tut ihr nicht unrecht, wenn man sie als Islamgegnerin bezeichnet. Sie kommt aus einer bestimmten (christlichen) Ecke und das Bild, das sie vom Islam zeichnet, kann man durchaus als einseitig und schablonenhaft kritisieren.
Vorwürfe sollten sich hier nicht gegen Al Rawi richten, der das Recht hat, Schirrmacher nicht zu mögen, sondern gegen diesen Verein, dem Al Rawis Bedenken ausreichen, um Schirrmacher auszuladen.
entscheidungsfindungen werden nach subjektiven erfahrungen und empfindungen getroffen
Nur sind die Empfindung halt oft recht diffus und durchaus von öffentlichen Debatten beeinflusst. Gerade in Zeiten der Krise haben Menschen Sorgen und Ängste, die nicht leicht mit einem konkreten, greifbaren und lösbaren Problem in Verbindung zu bringen sind. Also schmeißt man ihnen einen Brocken hin (Minarette), in den sie sich verbeißen können. Man fühlt sich den Schlingen und Pfeilen des wütenden Geschicks hilflos ausgeliefert und versichert sich seiner Handlungsfähigkeit durch Ersatzhandlungen: "Immerhin gegen die Minarette können wir etwas tun."
Was in Diskussionen immer wieder auftaucht, ist die Rede von einem Wir und "unserem" Land oder "unserer" Kultur. Dabei werden Muslime immer als von diesem Wir ausgeschlossen gedacht. Was einen Teil der Bevölkerung zu einem zusammengehörigen Wir macht und was Teile der Bevölkerung von diesem Wir ausschließt, wird nicht explizit gemacht. Abhängig von den Debatten muss nicht unbedingt die Herkunft ausschlaggebend sein. Auch die "abgehobenen" Politiker oder Intellektuellen oder Gutmenschen und "Nestbeschmutzer" können von diesem Wir ausgeschlossen sein. Dieses Wir nennt sich gerne "das Volk" und versteht sich gegenüber anderen Teilen der Bevölkerung privilegiert als "Herr im Haus" und sieht sich gerne als unterdrückt an, wenn dieses Privileg nicht allseits anerkannt wird. Dabei wird auch Demokratie zur Diktatur der Masse umgedeutet: Nicht, "60 % sind dieser Meinung und 40 % sind anderer Meinung.", sondern "Das Volk hat gesiegt!" Nach dieser Lesart wird die Minderheit von 40 % zum Teil zum Gegner des Volkes, die Muslime selbst und "abgehobene" Eliten, zum Teil sind sie Teil des Volkes, aber von den "abgehobenen" Eliten in die Irre geführt.
Im Kern geht es um den Unwillen und die Unfähigkeit gesellschaftliche Konflikte zu akzeptieren und auszutragen. Man imaginiert sich ein homogenes Volk, das in völliger Harmonie leben könnte, würde es nicht immer Störungen von
außen geben. Damit diese Illusion erhalten werden kann, müssen Störungen externalisiert werden. Also nicht, "Das Volk ist bunt. Die einen denken so, die anderen anders. Alle haben unterschiedliche Interessen, über die demokratisch verhandelt werden muss.", sondern: "Das Volk denkt so und so. Wer nicht so denkt, gehört nicht zum Volk, gehört nicht zu
uns und hat sich unterzuordnen."
Zur Konstruktion von Andersheit gehört auch ein zwiespältiger Kulturbegriff. Während wir uns als autonom handelnde Subjekte sehen und unsere Kultur als etwas, was wir bewusst pflegen, ist Kultur bei den anderen etwas, was sie völlig durchdringt und bestimmt. Während wir das Verhalten von Österreichern oder Schweizern immer als individuelles Verhalten sehen, das wir im Allgemeinen nicht mit unserer Kultur in Verbindung bringen, deuten wir das Verhalten bei anderen (Türken, Muslimen) immer als Ausdruck ihrer Kultur und essenzialisieren damit ihr Verhalten: "Die
sind so, denn das ist ihre Kultur." (Das passiert übrigens von der anderen Seite spiegelbildlich: Ein Amoklauf in einer deutschen Schule ist für uns ein individuelles Verbrechen, für einen Muslim Symptom der verkommenen westlichen Gesellschaft.)
Lies den Thread, bevor du deinen Müll hier ablädst.
Eine nicht geringe Forderung bei bald 500 Beiträgen.
Ich denke, da muss man sich damit abfinden, dass die Diskussion im Grunde durch ist und sich im Kreis drehen wird.