Und auch wenn man davon ausgeht, dass das exzessive Schuldenmachen mit Kreisky begonnen hat, niemand hat seine Nachfolger gezwungen damit weiterzumachen.
Ausgenommen die Schüssel - Zeit hat immer die SPÖ den Regierungschef gestellt.
Naja, ich möchte ergänzen, ausgenommen Schüssel - und vielleicht vorher Mock - hat sich kein ÖVP-Spitzenkandidat getraut, die Schuldenbekämpfung im Wahlkampf groß zu thematisieren. Weil der Weg dorthin mit unpopulären Maßnahmen verbunden ist, v.a. mit dem pöhsen Wort Sozialabbau. Insofern wirken schon einige Neuerungen aus der Kreisky-Zeit bis in die heutige Zeit nach - es wurden zahlreiche Sozial- und Versorgungsgesetze sowie Umverteilungsmaßnahmen beschlossen, die ständig den Schuldenstand erhöhen, weil sie schon damals nicht finanzierbar waren; aber kaum eine Regierung hat sich getraut, das zu korrigieren. Geht einer hin und sagt, er senkt die Schulden, indem er die Staatsausgaben senkt, wird er in Österreich keine Wahlen gewinnen. Ausnahme war Schüssel, der 2002 tatsächlich die Sanierung des Haushalts als Kernbotschaft im Wahlkampf hatte. Aber die Schüssel-Regierung wird sich wohl auch niemand als Vorbild nehmen, nach dem was da alles passiert ist.
Der Wählerschwund bei der ÖVP ist sicher v.a. damit verbunden, weil sie auf den populistischen Zug der höheren Staatsdefizite draufgesprungen ist. Die jüngste Steuerreform stellt ihre Daseinsberechtigung MMN überhaupt in Frage; das einzige, was sie noch einigermaßen hält, ist ihre federführende Rolle in der Änderung der Asylpolitik - aber das ist MMN weder ein Kernthema der ÖVP noch eines der Österreicher.
Ich habe gestern vernommen, dass Mitterlehner Kern einen Pakt à la "steirische Reformpartnerschaft" vorschlagen will. Das wäre wirklich wünschenswert, weil das Strukturreformen im politiknahmen Bereich bedeuten würde, und eine harte Haltung bei den kommenden Finanzausgleichsverhandlungen. Das Problem beider Parteien dabei ist aber, dass Balkon-Muppets wie Häupl oder Pröll sich gerade bei diesem Thema als großer Hemmschuh erweisen. Deshalb ist der Populismus-Vorwurf an die FPÖ im Übrigen bestenfalls die halbe Wahrheit. Die wahren Populisten sitzen in den Landesregierungen - dort findet man die von Kern gestern zitierte "Inhaltslosigkeit, Machtversessenheit und Zukunftsvergessenheit" noch viel stärker als im Bund.