Hi,
Wir testen erstmals ein völlig Neues Kollektiv. Früher haben wir vor allem exponierte Menschen und Risikogruppen getestet. Wenn wir jetzt alle Reiserückkehrer testen, dann sind auch ganz viele junge Menschen dabei. Wenn diese infiziert sind, haben wir aber eine viel niedrigen Prozentsatz (schwer) Erkrankter und auch Krankenhauspflichtiger. In sofern ist er schon ganz schön variabel...
nein! Du verwechselst die Zahl der Infizierten mit der Zahl der nachweislich (weil getesteten) Infizierten!
Dabei ist es recht simpel: Ein bestimmter kaum veränderlicher Prozentsatz der Erkrankten muss ins Spital, davon ein Prozentsatz auf die Intensive, ein weiterer Prozentsatz stirbt.
Wir testen jetzt viele Menschen ohne Symptome (z.B. Gastro, Hotel, Reiserückkehrer), das hast Du vollkommen recht!
Aber die sind infiziert, ob wir sie testen und es wissen oder nicht.
Was variabel ist, und daher nicht in die Beurteilung der Ausbreitung einfließen darf, ist
unser Wissen, wie viele gerade infiziert sind!
Wir können - da es keine brauchbaren Antikörpertests gibt - immer nur feststellen, wie viele Leute gerade infiziert sind, bei denen also das Virus nachweisbar ist. Das Virus ist nach gängiger Meinung etwa zwischen dem 10. Tag und eventuell bis zum 30. Tage nach der Ansteckung mittels PCR Test nachgewiesen werden. In Einzelfällen auch noch bis zu 70 Tage nach Infektion, laut RKI, ich nehme an, bei schwer erkrankten Patienten.
Also als Gedankenmodell:
Am 25.05.2020 hatten wir 108 belegte Spitalsbetten und 31 belegte Betten auf der Intensiven. Gesamt 139.
Am 25.08.2020 hatten wir 114 belegte Spitalsbetten und 23 belegte Betten auf der Intensiven. Gesamt 137.
Wir haben daher an diesen beiden Tagen
in etwa gleich viele aktuell Infizierte, also schätzungsweise sind an beiden Tagen etwa 15.000 bis 18.000 Österreicher aktuell infiziert gewesen. Also in etwa einer von 100 Infizierten muss ins Spital.
Da wir aber nicht jeden Österreicher täglich testen können, es gibt keine Kapazitäten für 9 Millionen Tests am Tag, wissen wird nicht, wie viele wirklich infiziert sind.
Auf Grund der unterschiedlichen Teststrategien im Mai und im August haben wird am 25.05.2020 621 positive Testergebnisse, und am 25.08.2020 haben wir 2.948 positive Testergebnisse. Das spiegelt aber nur die Teststrategie wieder, nicht die Anzahl der Infizierten.
Es ist epidemiologisch gesehen absoluter Unfug, anzunehmen, dass die Rate der Infizierten, die ins Spital kommen, variabel sei. Die ist weitgehend beständig wenn sich keine erheblichen Ansteckungsparameter ändern !
Diese Rate ändert sich nur durch exakt 3 Änderungen des Szenariums:
1. Änderung der Demografie.
Wenn also so viele Vertreter der Risikogruppen gestorben sind, dass sich deren Prozentsatz an der Gesamtbevölkerung (derzeit etwa 20%) maßgeblich ändert, dann ändert sich auch das Verhältnis Infizierter zu Spitalsbettenverbrauch.
2. Schutz der Risikogruppen.
Wenn es gelänge, Risikogruppen vom Rest der Bevölkerung zu isolieren und so das Ansteckungsrisiko deutlich kleiner zu machen, als im Bevölkerungsdurchschnitt, auch dann verändert sich das Verhältnis Infizierter zu Spitalsbettenverbrauch.
3. Herdeneffekt.
Sobald wir eine Impfung haben oder genug Menschen sonst eine Immunität aufgebaut haben, kommt Punkt 2 zum Tragen, das Ansteckungsrisiko der Riskogruppen ändert sich im Vergleich zur Gesamtbevölkerung mit der nämlichen Konsequenz.
Etwa 10 Tage nach den Ausgangsbeschränkungen vom 16.02.2020 hat es keine Änderungen gegeben, die ihrerseits eine Änderung des Verhältnisses Infizierter zu Spitalsbettenbedarf verursacht haben kann.
Man kann daher hochrechnen, dass z.B. am 31.03.2020, bei 912 belegten Spitalsbetten und 198 belegten Betten auf der Intensiven, gesamt also 1.110 Betten, etwa 120.000 bis 140.000 Menschen infiziert waren.
Das passt dann sogar zu den Spekulationen zur Dunkelziffer im März ...
Eine Änderung des Verhältnisses Infizierter zum Spitalsbettenbedarf bedingt zwingend Änderungen der Demographie und/oder Änderung des Risikos für Risikogruppen, wie wir es z.B. bei den Ausgangsbeschränkungen erlebt haben.
Es ist absolut sinnlos, die positiv Gestesteten als Grundlage irgendwelcher Überlegungen zu machen, denn die sind variabel, es ist umgekehrt, Du kannst von der Anzahl der Hospitalisierten auf die Anzahl der tatsächlich Infizierten schliessen.
Die Zahl 100 als Verhältnis Infizierter zu Hospitalisierten ist nicht in Stein gemeiselt, das kann sich durchaus ändern, wenn es mal brauchbare Antikörpertestst gibt. Aber egal welche Zahl es real ist, sie ist weitgehend beständig über den Verlauf seit Ende März.
LG Tom