Authentizität in der Partnerschaft: Sich selbst treu sein vs. sich verbiegen lassen

In der heutigen schnelllebigen Zeit verändern wir uns schneller als je zuvor, ganz besonders, wenn man in einer grossen Familie lebt wie meine Frau und ich.
Naja ich denke die Veränderung war nicht nur in unserer Zeit schon immer teil des lebens. Ebenso aber auch die Individualität. Denke der einzige Unterschied heutzutage ist dass es vermehrt gelingt ein Individium zu bleiben und trotzdem eine (gute )Partnerschaft zu führen.
Man hörte früher oft also wenn xy dann kann man doch nicht xx
Scheint so als hat sich die Frage warum denn nicht ? Inzwischen durchgesetzt.
 
Aber ich weiß nicht, ob das mit der Größe der Familie zu tun hat. Das scheint mir nur EINE Variante zu sein. Glaube eher, dass es davon abhängt, in welch umfangreichem Sozialgefüge man sich bewegt.
Die Familie ist ein Teil des Sozialgefüges! Selbstverständlich gibt es ganz viele Einflüsse, die unser Leben verändern. So denke ich immer noch oft an die Jahre des Zweiten Weltkriegs, der mein junges Leben stark und laufend verändert hat. Ganz wesentlich für meine Entwicklung als Mann waren natürlich mein beruflichen Erlebnisse.
 
Die Einen hör' ich sagen
Ich sei der alte nicht mehr
Und wieder Andere sich beklagen
Dass ich noch der alte wär'

(Reinhard Mey, Mein achtel Lorbeerblatt)
 
Es stellt sich die Frage, wie viel man sich da selbst "zumuten" will/sollte um nicht über seine Grenzen zu gehen... :hmm:

...wenn man seinen Partner bewusst manipuliert, so kann kann das nicht aus Liebe sein, sondern vielmehr aus Besitzansprüche, die aber sehr bequem als die beste Herangehensweise für beide maskiert oder rationalisiert werden.

Das kann auf die Dauer nur in Brüchen enden, weil der Eigensinn nicht lange zu verstecken und zu ertragen ist.

Es gibt auch Situationen, in denen der eine Mensch seinen Willen durchsetz, jedoch erweisen sich die Früchte dieser Entscheidung als wohltuend für alle Beteiligten. In dieser Lage kann es sogar öfter vorkommen, dass der anfangs skeptische Partner eine viel größere Leidenschaft dafür entwickelt.

Da aber beide Arten von ,,Überzeugen,, sehr ähnlich ausschauen können, ist es schwer seine eigenen Grenzen zu definieren. Ich würde da versuchen auf meine Intuition zu hören, besonders wenn ich mich allzu sehr eingeengt fühlen würde:l
 
Hi,

Wolltest du schon mal jemanden beeinflussen, um ihn/sie so zu verbiegen, damit er/sie zwar dir und deinen Wünschen/Vorstellungen entspricht, aber dafür nicht die Person sein kann, die er/sie sein will?

nicht wissentlich. Es ist aber so, dass in einer Beziehung, dass wenn man weiß, dass der andere was mag, man es ihm zuliebe tut, obwohl man selbst nicht so drauf steht.


Oder bist du schon jemals "verbogen" worden bzw. hast dich verbieten lassen? In welchen Situationen? Was hat es mit dir gemacht und was ist daraus geworden?

Ja. Immer wieder. Mit der Zeit lernt man halt, wo die eigenen Grenzen liegen. Also man sieht, dass den Partner was stört oder er gerne was hätte. Bis zu einem gewissen Grad geht das auch ganz gut.

LG Tom
 
Wolltest du schon mal jemanden beeinflussen, um ihn/sie so zu verbiegen, damit er/sie zwar dir und deinen Wünschen/Vorstellungen entspricht, aber dafür nicht die Person sein kann, die er/sie sein will?

Oder bist du schon jemals "verbogen" worden bzw. hast dich verbieten lassen?

also für's andere verbiegen bin ich viel zu partnerzentriert. eher lauf ich daher selber in gefahr, der zu sehr verbogene zu sein. ist mir schon passiert, leider.

In welchen Situationen? Was hat es mit dir gemacht und was ist daraus geworden?

das eine mal in meiner ersten ehe - mit besonderer tragweite, weil eben zwei kinder ebenfalls involviert waren. im prinzip hat es zuerst zu einer inneren kündigung in der beziehung geführt. und zur trennung/scheidung dann später. ist eine lange geschichte.

das zweite mal in einer recht skurrilen und kurzen "zwischenkriegs-episode" (also zwischen den ehen/langzeitbeziehungen). hat zu einem fürchterlichen frust frauen gegenüber geführt - und zu einem anderen auftreten ihnen gegenüber. aber genau das hat paradoxer weise meine jetzige überaus glücklichen beziehung erst möglich gemacht. das schicksal geht manchmal eigenartige wege ....

my 2 cents zum thema: eine gute beziehung basiert natürlich auf einem konsens - und aus trotz konsens zwei möglichst nicht unfreiwillig verbogenen (schon gar nicht gebrochenen) personen. klar lebt sich eine zweisamkeit völlig anders, als wenn man alleine frei im eigenen handeln ist. immer - und jeden tag. aber im idealfall lebt es sich so, dass man einander gegenseitig in dem "eben genau diese person sein" unterstützt und so auch von sich aus dinge im eigenen leben verändert. aus 1 + 1 wird dann wirklich 3 oder mehr (und ich meine jetzt nicht die kinder). bei meiner frau und mir ist das sehr stark so. wir haben sehr viel gemeinsam - ohne dem ginge es nicht, aber auch viele unterschiedliche merkmale, betätigungsfelder et cetera. wir sind gemeinsam und tief verbunden, aber doch gleichzeitig beide frei. mit stetigem rückhalt durch den anderen. schön ist das, unglaublich schön!

ich hab mich in der zeit doch ziemlich verändert und traue mich z.b. heute an dinge heran, die früher undenkbar gewesen wären. das hat mein leben enorm bereichert - so wie ich es nie für möglich gehalten hätte. und umgekehrt genießt meine süße einen rückhalt und unterstützung, die sie vorher so nie durch einen partner gekannt hat. wir reden sehr oft darüber, was das (zusammen)leben so mit uns tut und wie sich das anfühlt.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ich denke, dass es wie so oft keine klaren Grenzen gibt. Was spricht dagegen, wenn man dem Partner etwas gibt mit dem der Partner eine Freude hat.
Man schenkt ja auch "Cremeörtchen" auch wenn man die selbst nicht will... Es kann ja schon ein Lustgewinn sein, wenn man sieht wie sich der Partner "freut", selbst wenn man es nicht bevorzugt.
Anders ist es jedoch, etwas zu machen, was einem über seine eigenen Grenzen hinaus geht. Für mich ist das zB. alles was mit Sadismus oder bewusst herbeigeführte Schmerzen sind. Dazu könnte mich NIEMAND überreden.
Bis zum Verbiegen, ist da ein weiter Spielraum, doch es ist ein NoGo und muß unbedingt besprochen werden. Und manchmal ist halt dann nur mehr die Trennung der einzige Ausweg.
 
Hallo an alle! :winke:

Meine Frage:

Wolltest du schon mal jemanden beeinflussen, um ihn/sie so zu verbiegen, damit er/sie zwar dir und deinen Wünschen/Vorstellungen entspricht, aber dafür nicht die Person sein kann, die er/sie sein will?
Nein, jedenfalls nicht bewusst. Beeinflussen tun wir den andern trotzdem immer irgendwie und umgekehrt natürlich auch.

Oder bist du schon jemals "verbogen" worden bzw. hast dich verbieten lassen? In welchen Situationen? Was hat es mit dir gemacht und was ist daraus geworden?

Ja, ging gar nicht gut. Ich fiel in ein Loch und bekam Selbstzweifel, die ich so von mir nie kannte. Die Trennung fühlte sich dann wie eine Erlösung an.

Bei mir war es in Sachen monogame Beziehung so, dass ich mich aus Liebe zu etwas hinreißen hab lassen, was mir gar nicht entsprochen hat. Es hat Jahre gedauert, bis ich zu mir gestanden habe, aber inzwischen tue ich es und gehe meinen Weg (-> in Form einer offenen Beziehung) - auch wenn meine Lebensweise für viele monogam-eingestellte Personen nach wie vor nicht nachvollziehbar ist.


Oft lese ich, dass es in Sachen Fetisch-Auslebung immer wieder zu Differenzen kommt. Partner A will etwas, was Partner B nicht will. Manche lassen sich verbiegen und machen es dann dem Partner zu Liebe, auch wenn man selbst nichts davon hat. Es stellt sich die Frage, wie viel man sich da selbst "zumuten" will/sollte um nicht über seine Grenzen zu gehen... :hmm:

Den eigenen Fetisch mit einer Person ausleben zu wollen, die das so nicht von sich aus spürt, ist unbefriedigend, auch dann wenn die Person es von sich aus versuchen will.

Eine Öffnung der Beziehung halte ich in solchen Fällen für sinnvoll, wenn das für beide so funktioniert und wenn sonst die Beziehung und die Liebe darin wirklich genug stark ist.

Ich persönlich bevorzuge aber die Variante beides in einem zu vereinen. Allerdings ist mir auch klar, dass diese Kombi nicht immer einfach zu finden ist.
 
Auf was man verzichten kann und möchte in einer Beziehung (is nicht nur auf eine Partnerschaft beschränkt) muss jeder für sich entscheiden.

Wenn man merkt, dass das Thema eines ist, wo man doch keine Kompromisse eingehen kann weiß ich das für die Zukunft.
Was einem wichtig ist in einer Beziehung, wo man Kompromisse eingehen kann und wo nicht das muss man auch erst herausfinden.

Ich versuch aber das nicht als verbiegen zu sehen sondern als potentieller Lern- oder Selbstfindungsprozess.
 
Setzt man so etwas Eigenartiges wie LIEBE voraus, stellt sich die Frage gar nicht! Das Bilden eines WIR steht nicht im Widerspruch dazu, dass es sich noch immer um zwei bisweilen sehr unterschiedliche SUBJEKTE handelt........
 
Das Bilden eines WIR steht nicht im Widerspruch dazu, dass es sich noch immer um zwei bisweilen sehr unterschiedliche SUBJEKTE handelt........
In der Theorie, ja.
In der Realität habe ich die Bildung eines "Wir" allerdings meist ganz anders erlebt. Nicht bei mir, aber ich weiß doch von einigen Freunden und Bekannten, wo vorzugsweise der männliche Part mir zum Beispiel mitgeteilt hat, dass "wir schwanger sind". Auch in weniger "extremen" Situationen gab es plötzlich nur noch ein "Wir".
Ich persönlich fand das immer ziemlich gruselig, und bezeichnenderweise waren diese "Wir-Paare" dann oft, aus eigenem Antrieb, nicht mehr lang aktiver Teil des Freundeskreises.
 
In der Theorie, ja.
In der Realität habe ich die Bildung eines "Wir" allerdings meist ganz anders erlebt. Nicht bei mir, aber ich weiß doch von einigen Freunden und Bekannten, wo vorzugsweise der männliche Part mir zum Beispiel mitgeteilt hat, dass "wir schwanger sind". Auch in weniger "extremen" Situationen gab es plötzlich nur noch ein "Wir".
Ich persönlich fand das immer ziemlich gruselig, und bezeichnenderweise waren diese "Wir-Paare" dann oft, aus eigenem Antrieb, nicht mehr lang aktiver Teil des Freundeskreises.

Oh ja! Die gibt es sehr wohl auch. Ich nenne sie die "Doppelpack-Menschen". Solche erwecken aber zumeist den Anschein, dass sich einer von ihnen bereits verbogen hat! Ein Wir zu sein bedeutet nicht, bei jeder Gelegenheit einer Meinung zu sein. Es bedeutet auch nicht, es auf mitunter dümmliche Art ("wir sind schwanger") zu propagieren, sondern viel eher ein ausgeglichenes Umgehen mit einander - und das durchaus intern, und nicht etwa protzig im Freundeskreis! So als wollte man den anderen zeigen, wie gut man nicht wäre, oder sogar besser!
 
Bei mir war es in Sachen monogame Beziehung so, dass ich mich aus Liebe zu etwas hinreißen hab lassen, was mir gar nicht entsprochen hat. Es hat Jahre gedauert, bis ich zu mir gestanden habe, aber inzwischen tue ich es und gehe meinen Weg (-> in Form einer offenen Beziehung) - auch wenn meine Lebensweise für viele monogam-eingestellte Personen nach wie vor nicht nachvollziehbar ist.
.. naja monogam war ich nie unterwegs, aber es war neben meiner "braven" Beziehung halt immer heimlich. Das alles ist aber furchtbar kompliziert und anstrengend. Zudem haben sich bei mir jetzt noch weitere "Verpflichtungen" ergeben, die mich gerade sehr fordern.
Rückblickend muss ich sagen, dass ich auch nicht den Mut hatte ganz offen meinen Weg zu gehen und die Rechnung leider gerade bezahle. Wohl fühle ich mich dabei nicht, aber ich brauche vermutlich noch etwas um wirklich meinen Weg zu gehen...
 
Man sollte authentisch bleiben. Was bringt es einen, sich für jemanden anderen zu verstellen, oder etwas zu tun, was man nicht möchte.
Nichts, ausser eigene Unzufriedenheit.
Stimme ich Dir zu 100% zu, ich war die meiste Zeit meiner Beziehung unzufrieden, hauptsächlich mit mir selbst. Aber nicht immer hat man den Mut und die Kraft das zu ändern.
 
Mir ist bewusst, dass das ein schwieriges Thema ist, deshalb werfe ich es nun mal als Diskussionsanreiz in die Runde.

Ich finde es schön, dass so schnell der Kernaspekt rausgekommen ist, nämlich der Unterschied zwischen "Kompromiss und Verbiegen", wie es vor allem @Mitglied #380867 und @Mitglied #313861 ja so schön herausgearbeitet haben.

Dazu würde ich gerne ergänzen, dass das Wesen des Kompromisses eben immer das gemeinsame Ziel ist, eine gemeinsame Absicht dieses Ziel zu erreichen.
Beim Verbiegen hat nur einer ein Ziel, nämlich den anderen dorthin zu biegen, wo derjenige eigentlich NICHT sein will.
Wenn er dies so macht, dass es sogar unbemerkt bleibt, hat man dann Manipulation, oft passiert dies auch unbewußt beim "Manipulator".

Ein Kompromiss wird also nie dazu führen, sich selbst untreu zu werden, sich zu verlieren oder "unauthentisch" zu werden.
Wer einen Kompromiss sucht wird offen das Ziel aussprechen, worum es ihm geht... dann suchen beide nach einer Lösung.

Der Kardinalfehler ist allerdings meist das "okay, ich machs Dir zuliebe", und das ist eben "nicht sich selbst zuliebe"... und dann ists sich-Verbiegen/Verstellen, und statt zu sagen "tut mir leid, da ist kein Kompromiss möglich, ICH WILL DAS NICHT", handelt man gegen seinen Willen. Und wohin das führt hab ich ja schon mal abgesondert, Stichwort Schuld-Frage ("ich hab das damals für DICH gemacht, und jetzt machst DU DAS nicht für mich??" und ewiges Rechnung-ausgleichen.

Fazit: wer immer "bei sich bleibt", die Eier hat zu sagen "wie es eben ist", wird nicht verbogen.

Wer nicht dorthin will, wo der andere einen haben will, muss es auch sagen.
Wenn der andere nicht dort ist, wo man ihn haben will, muss man aber erkennen, dass man kein Recht darauf hat, ihn dorthin zu manipulieren.

Und diese Lektionen waren hart und haben mich viele Jahre und etliche Beziehungen gekostet, weil ich wenig bis NICHTS davon beherzigt oder verstanden hatte.
Und warum? Angst vor Kontrollverlust, Unsicherheit, Selbstwert, Verlustängste... Liste endlos.

Der schlimmste Tyrann ist der, der nicht erkennt, dass er die anderen verbiegt aufgrund seiner Defekte.
Und ein armer Hund jener, der nicht zu sich stehen lernt, aus mangelndem Selbstwert, und alles mitmacht.

"Schwieriges Thema", das stimmt ;)
 
In der Theorie, ja.
In der Realität habe ich die Bildung eines "Wir" allerdings meist ganz anders erlebt. Nicht bei mir, aber ich weiß doch von einigen Freunden und Bekannten, wo vorzugsweise der männliche Part mir zum Beispiel mitgeteilt hat, dass "wir schwanger sind". Auch in weniger "extremen" Situationen gab es plötzlich nur noch ein "Wir".
Ich persönlich fand das immer ziemlich gruselig, und bezeichnenderweise waren diese "Wir-Paare" dann oft, aus eigenem Antrieb, nicht mehr lang aktiver Teil des Freundeskreises.

Überaus gruselig.

Wir sind zusammen 100% ... absolutes No Go. Jeder für sich sollte 100% sein, ich brauche niemanden, der mich "ergänzt", "mein Leben aus- und/oder erfüllt", "mich komplett macht", beliebig fortführbar. Ein Partner, der für sich selbst nicht ebenso 100% ist (wie ich selbst), kommt für mich nicht in Frage. Ich bin doch nicht dazu da, um jemand anderen komplett zu machen und möchte das umgekehrt auch keinesfalls. 200% gemeinsam, darunter spielt es bei mir nix :D (die Erkenntnis habe ich im Laufe meines Lebens gewonnen, eh klar; wäre ja fad, wenn man gleich am Anfang des Lebens wüsste, wie man es genau (nicht) will :) ).
 

Rückblickend eines der schlimmsten Momente, als ich das an mir / in mir erkannte.
Es gibt viele Dinge, die ziemlich heftig "einfahren", wenn man erkennt was man "aufführt" oder "zuläßt".
Das war bei mir echt eins der übelsten seelischen Schmerzen, aber auch einer der wichtigsten Erkenntnisse, "den anderen sein zu lassen" aber auch "selbst sein zu dürfen".
Ohne beides bist immer entweder "armer Hund" oder "gemeiner Tyrann"... bewußt oder unbewußt :(
 
Das eigentliche Problem fängt schon beim Begriff "Authentizität" an. Wer weiß schon wer er ist und welchem "Selbst" sollte er treu sein? Selbsterkenntnis ist eine recht komplexe Angelegenheit, die schnell zu Irrtümern führen kann.

So ist denn nicht in jedem Fall das "Verbiegen" so durchweg negativ wie oft behauptet. Da kann es durchaus auch positive Aspekte geben.
 
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