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Von der bekanntesten Scheidungsanwältin Österreichs
Natürlich hat die gute Frau im Prinzip recht, immerhin ist das ihr Job - allerdings ist die Formulierung unglücklich und weckt falsche Assoziationen.
Bis zur Jahrtausendwende war das explizit im Ehegesetz geregelt: "Ein Ehegatte kann Scheidung begehren, wenn der andere sich ohne triftigen Grund beharrlich weigert, Nachkommenschaft zu erzeugen oder zu empfangen". Dieser inzwischen nicht mehr existente §47 zeigt sehr schön die Motivlage, die bei der Kodifizierung des Gesetzes geherrscht hat ("Kundmachung des Reichsstatthalters in Österreich, wodurch das Gesetz zur Vereinheitlichung des Rechts der Eheschließung und der Ehescheidung im Lande Österreich und im übrigen Reichsgebiet vom 6. Juli 1938 bekanntgemacht wird"). Das war 1999 einfach nicht mehr zeitgemäß.
Möglicherweise wollte man mit der Neuregelung den damals aufkommenden Webforen Nahrung verschaffen, denn ersetzt wurde das durch "wer durch eine schwere Eheverfehlung oder durch ehrloses oder unsittliches Verhalten die Ehe schuldhaft so tief zerrüttet hat [...]", wobei nur Seitensprünge und körperliche bzw. seelische Gewalt als explizite schwere Verfehlung genannt werden.
Sexverweigerung steht
nicht im Gesetz, es hängt also ganz davon ab, ob und wie ein Richter das gegebenenfalls würdigt. Und es gibt z.B. den Fallstrick "Wer selbst eine Verfehlung begangen hat, kann die Scheidung nicht begehren, wenn [...]". Will die Frau also nicht mehr mit Dir schlafen, nachdem Du einen Seitensprung begangen hast, dann kann zwar
sie die Scheidung begehren, jedoch nicht Du.
Und ich muss Herzkirsche voll und ganz recht geben: wenn eine Ehe auf dem Niveau angekommen ist, dass man sich vor Gericht das Recht auf's Vögeln erzwingen möchte, dann sollte man es am besten dringend und schnell ganz bleiben lassen.
Zurück zum von Dir verlinkten Artikel: Die Frau ist Anwältin, und sie vertritt nicht ganz wenige Frauen, die von ihrem Mann nicht mehr geschätzt werden, der sich aber - warum auch immer - nicht einvernehmlich von ihnen trennen will und klug genug ist, ihnen keinen offensichtlichen Scheidungsgrund zu liefern. Dann wäre es in der Tat rechtlich nicht geschickt zu sagen "ok, aber wir vögeln nicht mehr", denn dann steht die Frau - wenn sie Pech hat - mit sehr schlechten Karten auf der Straße. Und der Job einer Anwältin ist halt in erster Linie, solche rechtlichen Fallstricke aufzuzeigen. Daraus ist aber nicht abzuleiten, dass die Ehefrau immer die Beine breitmachen muss, weil der Mann halt gerade Lust hat.