wie mit 'borderliner' umgehen?

Ich bin selbst Borderlinerin und ich glaub nicht, dass ich meinen Ex in den 3 1/2 Jahren kaputt gemacht hab, sonst hätt er wohl kaum wollen, dass ich bleib, als ich mich getrennt hab.

Auch wenn man prinzipiell Probleme mit stabilen Beziehungen hat (und ich leugne nicht, dass ich die durchaus hab), ist es möglich, dass es Menschen gibt, mit denen eine stabile Beziehung möglich ist.
Leicht ist es gewiss nicht mit mir, aber das meiste kriegt mein Gegenüber gar ned mit, weil ich das mit mir selbst ausmach - die Stimmungsumschwünge zum Beispiel, ich reg mich irrsinnig schnell über Sachen auf, die den meisten anderen völlig wurscht wären und hab dann total schlechte Laune. Aber genauso schnell, wie ich mich aufreg komm ich auch wieder runter und in der zwischenzeit zieh ich mich eben zurück.
Es gibt gewiss genug Borderliner, bei denen die Probleme hauptsächlich im beziehungsfeld liegen, aber das sind bei weitem nicht alle - meine Probleme liegen zum beispiel hauptsächlich darin, Druck und Stress auszuhalten. Das kann ich nicht, da werd ich erst depressiv und bei anhaltendem Druck und Stress lethargisch, deswegen bin ich auch arbeitsunfähig.
Man kann halt auch als Borderliner an sich arbeiten, sich Hilfe suchen und Strategien entwickeln, um mit seinen "Mankos" umgehen zu können.
Ich hab lange Therapie gemacht und auch Psychopharmaka eingenommen, weil ich ohne gar nicht in der Lage gewesen wäre, meinen Alltag auf die Reihe zu kriegen - es gab Zeiten, da waren schon Dinge wie normale Körperhygiene eine große Herausforderung für mich.
Vor mittlerweile vier Jahren hab ich die Medis abgesetzt, weil ich schwanger wurde und bin seitdem STABIL - ohne Medikamente, ohne Therapie. Ich führe einen ordentlichen Haushalt, gehe meinen hobbies nach, die mir viel kraft geben und kümmere mich als Alleinerzieherin liebevoll um meinen Sohn. Ich achte auf mich und hör in mich hinein und weiß, wo ich Hilfe (in Form von Therapie und/oder Medikamenten) bekomme, wenn sich das wieder ändern sollte.

Ist lang geworden, sorry - ich wollte aufzeigen, dass nicht jeder Borderliner ein Energie aussaugendes Wrack ist.
Aber ich hab ja auch nur eine relativ leichte Form von BPS, also bin ich vermutlich gar keine "richtige" Borderlinerin :roll:

:)
Ich hatte erst gestern ein Gespräch, in dem ich von einem Fall gesprochen hab, der aufzeigt, wie sich Krankheitsbilder, auch relativ schnell bessern können.

Neben einigen anderen einschneidenden Erlebnissen ging es eben auch um Mutterschaft.
Und die kann einfach wirklich Berge versetzen.

Ich kenn die Ausprägung deiner Erkrankung nicht, aber ich erlebte mal, von Selbstmordversuch, Persönlichkeitsstörung, selbstverletzung - zu ängstlicher, aber halbwegs glücklicher schwangeren und das innerhalb kurzer Zeit. Da hat sich der "Sinn" ins Leben eingeschlichen und irgendwie war das eine der beeindruckendsten Erfahrungen, die ich bisher gemacht habe.
Da wurde ein Drogenentzug durchgehalten, jeden Hilfe angenommen, es gab keine Ausflüchte und sie vermittelte unfassbare Stärke. :) es war die Chance den passenden Weg zu finden.
Natürlich gibts eine große Bandbreite und somit nicht den allgemeingültigen Rat, aber easy ist es meistens (!) wahrlich nicht.
Da können auch Angehörige schon mal wahnsinnig tief fallen.
 
Sorry aber das stimmt nicht, schau dich mal in den Psychiatrien um, da gibts nicht schnell den Rezeptblock. Den da muss sich jeder Arzt ständig für alles von den Patientenanwälten verantworten. Es wird immer eine Ursache gesucht, und versucht diese zu beheben. Geht halt oft nicht, da es für manche Krankheiten auch keine Ursache gibt. Und ehrlich gesagt hilft bei ner Manie oder ner Schizophrenie leider Gottes kein reden, oder Bachblüten. Da helfen nur Medikamente. Die oft die Patienten absetzen und es aus dem Ruder läuft.

:daumen: absolut richtig !


"Zitat von ostbahnkurti Beitrag anzeigen
Schwieriges Thema, vor allem (allein wenn man sich hier den Thread ansieht) bei der Häufigkeit dieser Diagnose. Will jetzt nicht die Schulmedizin hier kritisieren, aber manchmal ist die Diagnose "Borderline-Persönlichkeitsstörung" sehr schnell da. (Ich weiß es gibt Klassifizierung mit mindestens 6 Vorraussetzungen usw...). Persönlich finde ich, dass es sich beide Seiten, die Schulmedizin und der Patient zu einfach machen. So nach dem Motto: "Da hast, nimm deine Tabletten und funktioniere einfach weiter!" Niemand interessiert der Hintergrund der Erkrankung, was für Themen stecken dahinter. Nimmt man Psychopharmaka wird die Wurzel schön zugedeckt (es wird ein chemischer Proszess im Gehirn ausgelöst, der einem vorgaukelt, es ist eh alles in Ordnung), es wird der Grund des Problems nicht "behandelt" und wenig bis gar nicht nach Lösungen gesucht.[/quote]"

nur mit Analyse oder Psychoanalyse alleine kannst schwerwiegende psychiatrische Krankheiten nicht lösen .
Und auch wenn es heute " inn " sein sollte , klischeemäßig die Schulmedizin zu kritisieren , so ist sie im 21. Jahrhundert auf einem Level , der den meisten Patienten Hilfe bringt oder zumindest Erleichterung .
die meisten psychiatr. Krankheiten sind chron. Krankheiten und benötigen auch eine Dauerbetreuung von Professionisten , die wir nicht in ausreichender anzahl zur Verfügung haben , was nicht heißt , dass man sich dies nicht trotzdem wünschen darf .
U'nd selbst , wennst die Ursache analysiert hast , kann man sie sehr oft nicht einfach wegmachen oder ungeschehen machen ...
Keine Psychopharmaka , die heute Verwendung finden , decken die Wurzel zu , ganz im Gegenteil , sie ermöglcihen vielen Patienten oft erst , ihr Leben auch wirklcih anzuschauen .
im Grunde genommen ist die Psychopharmakaphobie sehr oft eine extremes Hindernis auf dem Weg , Psychiatriepatienten wieder zu integrieren .....
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Will jetzt nicht die Schulmedizin hier kritisieren, aber manchmal ist die Diagnose "Borderline-Persönlichkeitsstörung" sehr schnell da.

Das meinte ich mit "echten " BL, weil viele die Diagnose haben und vielleicht unter was ganz anderen leiden!
 
vermutlich jeder der tatsächlich eine psychische erkrankung hat und nicht nur damit kokettiert ...


Ist das nicht das streben nach Individualität, Abwechslung?
Man will meistens das, was man nicht hat. Liegt im menschlichen Naturell und kann sowohl als Schwäche, wie Stärke ausgewertet sein.


Sorry aber das stimmt nicht, schau dich mal in den Psychiatrien um, da gibts nicht schnell den Rezeptblock. Den da muss sich jeder Arzt ständig für alles von den Patientenanwälten verantworten.


Vielleicht in Graz:schulterzuck:
Ich bekam ohne jegliche Fragen Psychopharmaka. Wegen Schlafstörungen. Ein Teufelszeug und es machte sehr schnell abhängig. Gut, ich fand dann für mich eine Alternative, abseits der Schulmedizin und habe das Zeug abgelegt.
Beruhigungsmittel war die gleiche Geschichte. Die Ärztin wollte wissen warum. Der Grund schien ihr offensichtlich plausibel und die das gewünschte Mittelchen war auf der Stelle verschrieben.
 
:)
Ich hatte erst gestern ein Gespräch, in dem ich von einem Fall gesprochen hab, der aufzeigt, wie sich Krankheitsbilder, auch relativ schnell bessern können.

Neben einigen anderen einschneidenden Erlebnissen ging es eben auch um Mutterschaft.
Und die kann einfach wirklich Berge versetzen.

Ich kenn die Ausprägung deiner Erkrankung nicht, aber ich erlebte mal, von Selbstmordversuch, Persönlichkeitsstörung, selbstverletzung - zu ängstlicher, aber halbwegs glücklicher schwangeren und das innerhalb kurzer Zeit. Da hat sich der "Sinn" ins Leben eingeschlichen und irgendwie war das eine der beeindruckendsten Erfahrungen, die ich bisher gemacht habe.
Da wurde ein Drogenentzug durchgehalten, jeden Hilfe angenommen, es gab keine Ausflüchte und sie vermittelte unfassbare Stärke. :) es war die Chance den passenden Weg zu finden.
Natürlich gibts eine große Bandbreite und somit nicht den allgemeingültigen Rat, aber easy ist es meistens (!) wahrlich nicht.
Da können auch Angehörige schon mal wahnsinnig tief fallen.

Mein Kind ist das Beste, das mir in meinem Leben passieren konnte - das ist nicht nur ein Spruch, es ist die Wahrheit. Ich weiß nicht, ob es mich heute überhaupt noch gäbe, wenn ich nicht schwanger geworden wäre :schulterzuck:



Und zum Thema "wer will schon normal sein": Ich würd mir den Arm abhacken, wenn ich dafür "normal" sein könnte. Ich werd oft schräg angesehen und als Schmarotzer abgestempelt, weil ich mit 30 arbeitsunfähig und auf staatliche Hilfe angewiesen bin - aber keiner kann sich vorstellen, was ich dafür geben würde, arbeiten gehen zu können und ein wertvoller Teil der Gesellschaft zu sein. Aber ich arbeite daran, sobald mein Kind im Kindergarten eingewöhnt ist bemüh ich mich um einen Platz in einer tagesklinik und werd dort dann hoffentlich Strategien entwickeln, um zumindest in einem geförderten Setting arbeiten zu können. Da geht's ja auch darum, was ich meinem Sohn vorlebe. :)
 
Ist das nicht das streben nach Individualität, Abwechslung?
Man will meistens das, was man nicht hat. Liegt im menschlichen Naturell und kann sowohl als Schwäche, wie Stärke ausgewertet sein.





Vielleicht in Graz:schulterzuck:
Ich bekam ohne jegliche Fragen Psychopharmaka. Wegen Schlafstörungen. Ein Teufelszeug und es machte sehr schnell abhängig. Gut, ich fand dann für mich eine Alternative, abseits der Schulmedizin und habe das Zeug abgelegt.
Beruhigungsmittel war die gleiche Geschichte. Die Ärztin wollte wissen warum. Der Grund schien ihr offensichtlich plausibel und die das gewünschte Mittelchen war auf der Stelle verschrieben.

Schlechte Ärzte gibts überall, aber in Wien wirds in der Psychiatrie nicht anders sein. Es wird immer Ärzte geben die zu schnell den Rezeptblock rausholen. Ist beim Antibiotika das selbe, aber bei bestimmten Dingen kann man immer noch nein sagen. Vor allem sind nicht alle Medikamente Psychopharmaka, da gibts noch ganz viele Unterschiede. Kommt halt auch immer drauf an, welche Erfahrungen man gemacht hat. Und ich kann dir aus meiner Erfahrung aus sagen. Das Bachblüten definitiv nicht gegen Schizophrenie helfen. Und sich sehr viele Ärzte sich Gedanken machen was sie verschreiben. In der Psychiatrie ist es nicht so, auch wen es alle glauben das die Leute nur nieder gespritzt werden.
 
Ich finde öfter solche zu hörende undifferenzierte Psychiater- und Psychopharmakaschelten etwas ärgerlich, daher will ich auch mal was sagen, auch wenn es ein wenig OT ist, bitte um Entschuldigung dafür. Ich greif einfach mal das prägnanteste Posting raus

Schwieriges Thema, vor allem (allein wenn man sich hier den Thread ansieht) bei der Häufigkeit dieser Diagnose. Will jetzt nicht die Schulmedizin hier kritisieren, aber manchmal ist die Diagnose "Borderline-Persönlichkeitsstörung" sehr schnell da. (Ich weiß es gibt Klassifizierung mit mindestens 6 Vorraussetzungen usw...). Persönlich finde ich, dass es sich beide Seiten, die Schulmedizin und der Patient zu einfach machen. So nach dem Motto: "Da hast, nimm deine Tabletten und funktioniere einfach weiter!" Niemand interessiert der Hintergrund der Erkrankung, was für Themen stecken dahinter. Nimmt man Psychopharmaka wird die Wurzel schön zugedeckt (es wird ein chemischer Proszess im Gehirn ausgelöst, der einem vorgaukelt, es ist eh alles in Ordnung), es wird der Grund des Problems nicht "behandelt" und wenig bis gar nicht nach Lösungen gesucht. Ist ja auch sehr schwierig, da brauchst Eier, dass durch den Schmerz durchgehen kannst, ohnedass aus dem Fenster springst. Aber hast es geschafft, ist es weg -> für immer.

Diese Missstände, die im Zitat angesprochen werden, kommen bestimmt vor, nur ist es völlig irrig und auch ungerecht, sie dermaßen zu generalisieren. Erstens gibt es genauso Ätzte die extrem abwägend, mitunter sogar zu zurückhaltend verschreiben; zweitens muss eine Zunahme der Diagnosen nicht unbedingt (nur) durch übereifrige Ärzte und / oder eine übermäßig profitorientierte Pharmaindustrie bedingt sein; gleichermaßen ist es plausibel, dass bestehende Krankheiten früher seltener diagnostiziert wurden. Erstens, da die Arztdichte früher geringer war. Zweitens, da der soziale Druck auf psychisch Kranke - den es ja mitunter noch heute gibt -, sich nicht zu deklarieren in früheren Jahrzehnten aller Wahrscheinlichkeit nach höher war. Wer, abgesehen von jenen, deren bloße Pose es ist, findet es schon cool, psychisch krank zu sein? (Auch die Eingabe, der Kranke solle sich doch einfach mehr zusammenreißen, war und ist ja nicht selten.)

Dass Patienten die sich Tabletten verschreiben lassen es sich so "einfach machen" und ihnen offenbar "die Eier fehlen", "dass sie durch den Schmerz durchgehen können" mag für manche stimmen, ist in dieser Allgemeinheit aber keineswegs zutreffend, eigentlich sogar schon paradox, weil hier Handlungsmittel abverlangt werden ein Problem zu bewältigen, das gerade im Fehlen solcher Handlungsmittel besteht. Vor allem aber ist es schlicht ignorant und unverschämt zahlreichen Menschen gegenüber, die anderweitig mit ihren Problemen nicht weiterkommen und in einem Medikament vielleicht doch Hilfe finden. Psychopharmaka sind nun einmal eine Option, die helfen kann. Nicht immer, aber genauso verfehlt ist die Annahme, nichtpharmakologische Therapien und Bemühungen würden in jedem Fall das "eigentliche" Problem lösen und so alle Symptome wegbringen. Dazu passt auch: "Nimmt man Psychopharmaka wird die Wurzel schön zugedeckt (es wird ein chemischer Proszess im Gehirn ausgelöst, der einem vorgaukelt, es ist eh alles in Ordnung)". Dazu ist erstens zu sagen, dass wo es Sinn macht normal komplementär auch eine Psychotherapie verordnet wird. Zweitens ist es oft umgekehrt so, dass einem ein gestörter Hirnstoffwechsel "vorgaukelt" es ist alles NICHT in Ordnung, wo einschlägige Medikamente eine sinnvolle - wenn auch nicht bei jedem/r wirksame - Hilfe sein können. Was der "eigentliche", wirklich ultimate Grund für eine psychische Krankheit ist (zu welchem Anteil und wie konkret Genetik, soziales Umfeld, Wechselspiel aus beidem), diese Frage beantwortet die empirische Wissenschaft in ihrem gegenwärtigen Zustand in dieser Allgemeinheit meines Wissens ohnehin nicht. Des Weiteren gibt es Patienten, deren Krankheit so schwer ist, dass sie durch Medikamente erst einmal "therapiefähig" gemacht werden müssen.

Keine Ahnung, ob dieses Konvolut jemand liest. Ich fände es schön, wenn gerade bei so einem heiklen Thema, wo auch jedes Wort das darüber gesprochen und jeder Satz der darüber geschrieben wird bei Betroffenen auf große Resonanz trifft versucht würde, nicht dermaßen zu Verallgemeinern. Ebenso falsch, wie jemandem Medikamente aufzuschwatzen ist es, sie Menschen die sie gebrauchen könnten auch noch auszureden oder diese Personen als mit keinen Eiern ausgestattet zu diskreditieren.

Schließlich

vermutlich jeder der tatsächlich eine psychische erkrankung hat und nicht nur damit kokettiert ... ;)

Absolut richtig.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
PS jetzt hab ich so lang geschrieben, dass inzwischen teilweise schon geschrieben wurde, was ich schreiben wollte (und dann auch geschrieben hab), hab die entsprechenden Postings also nicht einfach ignoriert...
 
Selten hat mir der Like-Button so sehr gefehlt wie bei deinem Beitrag, Rodd. Danke dafür!
 
Diese Missstände, die im Zitat angesprochen werden, kommen bestimmt vor, nur ist es völlig irrig und auch ungerecht, sie dermaßen zu generalisieren. Erstens gibt es genauso Ätzte die extrem abwägend, mitunter sogar zu zurückhaltend verschreiben; zweitens muss eine Zunahme der Diagnosen nicht unbedingt (nur) durch übereifrige Ärzte und / oder eine übermäßig profitorientierte Pharmaindustrie bedingt sein; gleichermaßen ist es plausibel, dass bestehende Krankheiten früher seltener diagnostiziert wurden. Erstens, da die Arztdichte früher geringer war. Zweitens, da der soziale Druck auf psychisch Kranke - den es ja mitunter noch heute gibt -, sich nicht zu deklarieren in früheren Jahrzehnten aller Wahrscheinlichkeit nach höher war. Wer, abgesehen von jenen, deren bloße Pose es ist, findet es schon cool, psychisch krank zu sein? (Auch die Eingabe, der Kranke solle sich doch einfach mehr zusammenreißen, war und ist ja nicht selten.)

Dass Patienten die sich Tabletten verschreiben lassen es sich so "einfach machen" und ihnen offenbar "die Eier fehlen", "dass sie durch den Schmerz durchgehen können" mag für manche stimmen, ist in dieser Allgemeinheit aber keineswegs zutreffend, eigentlich sogar schon paradox, weil hier Handlungsmittel abverlangt werden ein Problem zu bewältigen, das gerade im Fehlen solcher Handlungsmittel besteht. Vor allem aber ist es schlicht ignorant und unverschämt zahlreichen Menschen gegenüber, die anderweitig mit ihren Problemen nicht weiterkommen und in einem Medikament vielleicht doch Hilfe finden. Psychopharmaka sind nun einmal eine Option, die helfen kann. Nicht immer, aber genauso verfehlt ist die Annahme, nichtpharmakologische Therapien und Bemühungen würden in jedem Fall das "eigentliche" Problem lösen und so alle Symptome wegbringen. Dazu passt auch: "Nimmt man Psychopharmaka wird die Wurzel schön zugedeckt (es wird ein chemischer Proszess im Gehirn ausgelöst, der einem vorgaukelt, es ist eh alles in Ordnung)". Dazu ist erstens zu sagen, dass wo es Sinn macht normal komplementär auch eine Psychotherapie verordnet wird. Zweitens ist es oft umgekehrt so, dass einem ein gestörter Hirnstoffwechsel "vorgaukelt" es ist alles NICHT in Ordnung, wo einschlägige Medikamente eine sinnvolle - wenn auch nicht bei jedem/r wirksame - Hilfe sein können. Was der "eigentliche", wirklich ultimate Grund für eine psychische Krankheit ist (zu welchem Anteil und wie konkret Genetik, soziales Umfeld, Wechselspiel aus beidem), diese Frage beantwortet die empirische Wissenschaft in ihrem gegenwärtigen Zustand in dieser Allgemeinheit meines Wissens ohnehin nicht. Des Weiteren gibt es Patienten, deren Krankheit so schwer ist, dass sie durch Medikamente erst einmal "therapiefähig" gemacht werden müssen.

Keine Ahnung, ob dieses Konvolut jemand liest. Ich fände es schön, wenn gerade bei so einem heiklen Thema, wo auch jedes Wort das darüber gesprochen und jeder Satz der darüber geschrieben wird bei Betroffenen auf große Resonanz trifft versucht würde, nicht dermaßen zu Verallgemeinern. Ebenso falsch, wie jemandem Medikamente aufzuschwatzen ist es, sie Menschen die sie gebrauchen könnten auch noch auszureden oder diese Personen als mit keinen Eiern ausgestattet zu diskreditieren.

Ich stimme dir zu, dass eine pauschale Ablehnung von einer Therapie mit Psychopharmaka oder die "Verurteilung" bzw. verächtliche Diffamierung von Leuten, die diese kurz- oder langfristig in Anspruch nehmen müssen, absolut fehl am Platze ist.
Allerdings bin ich zum Beispiel gegen leichtfertige Einnahme von Tabletten allgemein, egal ob es nun Schmerztablette, Antibiotika oder eben Psychopharmaka sind. Es gibt oft gut und nebenwirkungsfreie Alternativen, u.a. die Veränderung des Lebensstils, Ernährung, Sport, das Erlernen von Entspannungstechniken, usw. Hier wäre halt aktive Eigenverantwortung gefragt, dazu sind offenbar viele nicht imstande und werfen lieber Tabletten ein. Sowas kann ich nicht nachvollziehen.

Aber es gibt immer Diagnosen (egal worum es nun geht, nicht auf psychische Erkrankungen beschränkt), wo Medikamente nicht nur hilfreich, sondern sogar lebensverlängernd sein können und damit klarerweise jede Diskussion darüber unnötig ist. Sei es nun eine schwere Depression, Schizophrenie oder um zu gesundheitlichen Alltagsgebrechen überzugehen schwerer Bluthochdruck, Blutgerinnungsstörungen, Lungenentzündung, usw.
Darum sind Pauschalantworten so überflüssig, wie versuchen den kleinsten gemeinsamen Nenner für sehr unterschiedliche Menschen zu bemühen und das kann nur schiefgehen.
 
Hier wäre halt aktive Eigenverantwortung gefragt, dazu sind offenbar viele nicht imstande und werfen lieber Tabletten ein. Sowas kann ich nicht nachvollziehen.

Dann kannst du die Mechanismen psychischer Krankheiten nicht nachvollziehen.
Bei mir hat es zehn Jahre gedauert von den ersten "Ausbrüchen" der Krankheit bis zur Diagnose, in dieser Zeit wusste ich selbst nicht, dass ich krank bin, ich wusste nur, dass ich nicht so funktioniere wie ich sollte. Das fatale war, dass ich wirklich wollte - ich wollte meinen Alltag auf die Reihe kriegen, eine Arbeitsstelle behalten können, ein aktiver, lebenslustiger Mensch sein statt depressiv und lethargisch auf der couch zu sitzen. Nur, ich konnte es nicht. Ich hab mich selbst für faul und unfähig gehalten.
Und das übrige haben die Kommentare von anderen getan - " jetzt reiss dich einfach mal zusammen", "lass dich halt nicht so gehen", "stell dich nicht so an" usw. usf. Das war pures Gift für mich, denn wie gesagt, ich wollte ja, aber konnte nicht.

Der von mir zitierte Satz kommt genauso rüber und ist ein Schlag ins Gesicht eines psychisch kranken Menschen.

Übrigens: die hochgelobten Entspannungstechniken verträgt nicht jeder Mensch, die können sogar alles noch schlimmer machen. Ich hab auf autogenes Training mit Schlafstörungen und sonst nie vorhandenen Angstzuständen reagiert. Ich entspanne mich am besten beim nähen, klingt komisch, ist aber so.
 
Dann kannst du die Mechanismen psychischer Krankheiten nicht nachvollziehen.
Bei mir hat es zehn Jahre gedauert von den ersten "Ausbrüchen" der Krankheit bis zur Diagnose, in dieser Zeit wusste ich selbst nicht, dass ich krank bin, ich wusste nur, dass ich nicht so funktioniere wie ich sollte. Das fatale war, dass ich wirklich wollte - ich wollte meinen Alltag auf die Reihe kriegen, eine Arbeitsstelle behalten können, ein aktiver, lebenslustiger Mensch sein statt depressiv und lethargisch auf der couch zu sitzen. Nur, ich konnte es nicht. Ich hab mich selbst für faul und unfähig gehalten.
Und das übrige haben die Kommentare von anderen getan - " jetzt reiss dich einfach mal zusammen", "lass dich halt nicht so gehen", "stell dich nicht so an" usw. usf. Das war pures Gift für mich, denn wie gesagt, ich wollte ja, aber konnte nicht.

Der von mir zitierte Satz kommt genauso rüber und ist ein Schlag ins Gesicht eines psychisch kranken Menschen.

Übrigens: die hochgelobten Entspannungstechniken verträgt nicht jeder Mensch, die können sogar alles noch schlimmer machen. Ich hab auf autogenes Training mit Schlafstörungen und sonst nie vorhandenen Angstzuständen reagiert. Ich entspanne mich am besten beim nähen, klingt komisch, ist aber so.

Sorry, aber ich finde es ziemlich unnötig, einen einzigen Satz von mir aus dem Zusammenhang gerissen zu zitieren. Ich habe viel mehr zu dem Thema geschrieben, u.a. auch

"Ich stimme dir zu, dass eine pauschale Ablehnung von einer Therapie mit Psychopharmaka oder die "Verurteilung" bzw. verächtliche Diffamierung von Leuten, die diese kurz- oder langfristig in Anspruch nehmen müssen, absolut fehl am Platze ist. "

Und: "Aber es gibt immer Diagnosen (egal worum es nun geht, nicht auf psychische Erkrankungen beschränkt), wo Medikamente nicht nur hilfreich, sondern sogar lebensverlängernd sein können und damit klarerweise jede Diskussion darüber unnötig ist."

Ich habe mich in keiner Weise irgendwie pauschal gegen Psychopharmaka oder andere Medikamente ausgesprochen, noch pauschal jedem Entspannungstechniken und ähnliches empfohlen, denn mir ist durchaus klar, dass es kein Allheilmittel auf dieser Welt für alle Menschen gibt, zu unterschiedlich sind die Einzelnen und woran man (er)krankt.
 
Mir ging es in dem Zitat hauptsächlich um die "aktive Eigenverantwortung", die zu übernehmen eben nicht jeder in der Lage ist.
 
Mir ging es in dem Zitat hauptsächlich um die "aktive Eigenverantwortung", die zu übernehmen eben nicht jeder in der Lage ist.

Aber der Satz alleine steht im Zusammenhang mit dem zuvor Geschriebenen, das ja durchaus deutlich macht, dass diese aktive Eigenverantwortung klarerweise nicht für jeden gilt, bzw. ein für alle Menschen anwendbares Patentrezept ist, was mir durchaus klar ist, u.a. eben bei schweren Depressionen oder anderen psychischen Erkrankungen zählt, wo das denn eben aufgrund der vorliegenden Störung gar nicht geltend gemacht werden kann.
Es würde genügen, wenn all jene davon Gebrauch machen, die das durchaus können, da wäre schon viel erreicht.

Ich hoffe, ich konnte das nun klarstellen. :)
 
Ich sehe es übrigens durchaus problematisch, dass allgemeinmediziner zB xanor verschreiben dürfen und es auch häufig tun.
Da rutscht es sich besonders leicht in eine Art Betäubung, die zu dem Zeitpunkt und ohne andere Maßnahme einfach wirklich auch gefährlich werden kann.

Prinzipiell sind Psychopharmaka natürlich wichtig, um ruhe zu gönnen, um eine Therapie überhaupt sinnvoll zu machen, um Pausen zu schaffen,....
 
Ich finde, dass generell niemand ausser Psychiatern Psychopharmaka verschreiben sollte.
 
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