Um Prentice Mulford zu zitieren: "Wir sind die Summe unserer Erfahrungen."
Doch mir stellt sich die Frage, wie sehr uns unsere Erfahrungen prägen und auf unser zukünftiges Handeln und unsere zu treffenden Entscheidungen Einfluss nehmen.
Konkreter: wie stark zeichnen euch zwischenmenschliche Enttäuschungen die ihr erlebt habt und hindern sie euch daran, euch auf etwas und jemanden Neuen gänzlich einzulassen, euch zu öffnen, wieder zu vertrauen, etc.?
Ich selbst habe zwar bisher aus den gemachten Erfahrungen gelernt - unabhängig davon ob diese positiv oder negativ waren - konnte für mich jedoch immer die Abgrenzung zwischen vergangenem und zukünftigem schaffen und projizierte Erlebtes nicht auf andere Personen (zB nur weil einer gelogen hat, muss es nicht auch der Nächste). Ob das so bleibt, sei dahingestellt...
Würde mich über die ein oder andere Wortmeldung von euch freuen.
Hallo,
ich finde die Fragestellung unheimlich interessant, denn dieses Thema, die Prägung des Menschen aus den Erfahrungen der Vergangenheit, beschäftigt mich selbst auch sehr. Die alte Diskussion nature vs. nurture spielt da hinein. Ich selbst bin mit großer Sicherheit zu einem erheblichen Teil von meinem angeborenen Herzfehler geprägt. Die Erfahrungen, die ich als Kind mit OPs, mit dem hohen Pflegebedarf durch meine Eltern, mit der frühen Konfrontation mit Krankheit und dem Bewusstsein, sterblich zu sein, gemacht habe, haben mich mitentscheidend zu jenem Menschen geformt, der ich heute bin. Das sind Erfahrungen, an die ich mich aktiv gar nicht mehr erinnern kann, und doch stecken sie mir quasi in den Knochen. Das ist weder gut noch schlecht, sondern einfach ein Mosaikstein in meiner Entwicklung. Das ist mal die Basis, auf der jeder von uns steht - und da kann man auch kaum Entwicklungsschritte in eine andere Richtung setzen, da diese frühen Erfahrungen einfach auch charakterbildend sind und wir also an unserem Innresten selbst, an unserer Persönlichkeit arbeiten müssten, um etwaigen früheren Erfahrungen gegenzusteuern.
Ein bisschen differenzierter sind zwischenmenschliche Erfahrungen zu sehen, die wir bewusst im späteren Alter wahrnehmen und die wir für uns als jederzeit abrufbar abspeichern. Man sollte eigentlich meinen, diesen Erfahrungen mit Vernunft zu begegnen. Aber interessant ist, dass genau das ja auch nicht wirklich so einfach geht. Wenn mein Haus einmal von einem Blitz getroffen wurde, dann trage ich die Angst, dass das jederzeit wieder passieren könnte, künftig mit mir, auch wenn ich genau weiß, wie winzig die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Blitz zweimal ins gleiche Haus einschlägt. Und das ist wohl mit jeder traumatischen Erfahrung so. Auch im Zwischenmenschlichen können solche extrem negativen Erfahrungen dazu führen, dass man die Angst vor Wiederholung trotz besseren Wissens nicht ablegen kann. Und ich glaube, wenn man einmal eine solche Erfahrung gemacht hat, kann man allein dagegen kaum etwas tun. Da gehört dann eigentlich ein externer Berater (vulgo Psychologe oder Psychiater) herangezogen, denn selbst ist man zu sehr in sich und seinen Ängsten gefangen, als dass man die Sorgen einer etwaigen Wiederholung des negativen Erlebnisses einfach rational mit sich selbst wegdiskutieren könnte.
ABER: Für alles, was nicht so traumatisch an den Urängsten zieht, gilt meiner Meinung: Wer nicht aus Erfahrungen lernen kann, kann überhaupt nichts lernen. Und jeder sollte eigentlich in der Lage sein, über vergangene Entscheidungen und Verhaltensmuster reflektieren zu können, um eben bestimmte Muster künftig eben vermeiden zu können. Das Bewusstmachen ist da ja meistens schon der erste und wichtigste Schritt. Wie Einstein sinngemäß schon so gut gesagt hat: Die Definition von Wahnsinn ist es, immer das gleiche zu tun und unterschiedliche Ergebnisse zu erwarten.
Liebe Grüße
Einer von denen