Hello,
eigentlich lurke ich hier nur rum, aber bei dem Thema kann ich die Finger nicht stillhalten...
Sie ist echt meine große Liebe...ich wollt vielleicht wirklich zuviel und hab ihr die Luft abgeschnürt...aber sowas muss man doch ausreden können, oder?
Ja, sollte man. Aber reden, wirklich reden, das erfordert sehr viel Mut. Denn dabei muss man oft Sachen aussprechen, die man selbst und/oder der andere gar nicht hören will. In letzter Konsequenz kann man sogar zu dem Schluss kommen "Wenn wir uns wirklich lieben, müssen wir uns trennen". Um das durchzuziehen, brauchts... denks dir selbst.
Meiner Erfahrung nach leiden viele der so genannten "starken Menschen" unter einem Defizit. Sie geben viel mehr, als sie bekommen. Das geht a Weile (Jahre) gut, aber irgendwann wird in jedem von uns eine Stimme wach, die gewisse Dinge einfordert (geliebt zu werden, Zeit für sich selbst, Respekt, Sicherheit..). Die wirklich starken Menschen sind dann in der Lage, ihren lieben Mitmenschen zu sagen, dass es jetzt mal vorbei ist mit stark sein und dass sie jetzt auch mal jemanden brauchen, der für sie da ist, sie in den Arm nimmt oder was auch immer. Die holen sich dann das,was sie brauchen. Andere kommunizieren diese Bedürfnisse nicht nach außen, sondern leiden still vor sich hin und machen ihre Mitmenschen dafür verantwortlich, dass sie ihnen nicht das geben, was sie wollen. Sei es, weil sie abhängige Menschen nicht im Stich lassen wollen, sei es weil sie sich selbst abhängig fühlen und nicht riskieren wollen, nicht mehr geliebt/akzeptiert/was auch immer zu werden, wenn sie jetzt plötzlich aufmümpfig werden und nicht mehr nur geben, sondern plötzlich auch fordern.
Ich habe vor zwei Monaten eine zweieinhalbjährige Beziehung zu meiner Freundin beendet. Mir ist es zuviel geworden. Sie ist ein wundervoller Mensch, aber ich konnte nicht mehr. In der Beziehung war ich immer der Stärkere, der Dominante. Ich habe versucht zu geben, mich aber nie getraut, zu fordern. Jetzt bin ich auch auf "Selbstfindungstrip" - mit Hilfe eines Therapeuten - und ich muss sagen, ich finde Seiten an mir, von denen wollte ich eigentlich gar nichts wissen; aber ich muss mich mit ihnen auseinandersetzen, denn sie bestimmen letzendlich mein Tun. Es stellt sich langsam heraus, dass ich in der Beziehung nie wirklich ich selbst war, mich nie getraut habe zu kommunizieren wer und wie ich bin und vor allem was ich will. Der Liebe wegen steckte ich zurück, versuchte meiner Freundin zu geben was sie will/braucht, um sie nicht zu verlieren. Einerseits um sie nicht zu verlieren, andererseits aber auch, weil ich wohl nicht in der Lage war, mir selbst einzugestehen, was ich wirklich brauche. Und irgendwann wurde es mir zu viel. Ich bin in die Arme einer anderen geflüchtet. Nur wird dort nicht die Lösung meines Problems liegen, die Geschichte würde sich wiederholen. Die Lösung liegt in mir. Warum gerate ich immer in Beziehungen, wo ich zwar geben, aber nichts bekommen kann? Warum traue ich mich nicht zu sagen, was ich brauche? Bin ich überhaupt in der Lage anzunehmen, was ich bekomme?
Ich muss mir leider eingestehen, dass ich nicht (nur) der tolle, starke Mann bin, der ich gerne wäre, sondern dass in mir noch immer ein kleines Kind schlummert, das geliebt werden will, und zwar am meisten dann, wenn es es am wenigsten verdient hat. Ich habe das Glück, dass meine Ex noch mit mir redet (obwohl sie mittlerweile ziemlich sauer auf mich ist... am Anfang hatte sie sogar noch "Verständnis" und wünschte mir alles Gute..). Ich möchte das ganze noch einmal mit ihr gemeinsam aufrollen, herausfinden, was wir wirklich beim anderen gesucht haben, und was wir letztendlich bekommen haben. Ich liebäugle immer noch mit den Möglichkeiten eines Neuversuches mit meiner Ex, aber ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob ich sie (und sie mich) nach diesem Prozess überhaupt noch will. Und wenn doch, dann glaube ich, wird es etwas ganz tolles, denn dann lassen wir uns wirklich auf den Menschen gegenüber ein und nicht nur auf die Seiten von ihm, die wir von ihm gerne hätten. Es kann aber genausogut (und das halte ich ehrlich gesagt für realistischer) mit dem Resümee enden: Wenn wir ehrlich gewesen wären, hätten wir es gar nie miteinander versucht.
Mein Problem besteht eher darin, meine gewissen Minimalwünsche und Vorstellungen von "glücklicher Beziehung" zurückzuschrauben
Das ist Bullshit! Und jetzt doch ein Rat: finde für dich raus, was du brauchst und fühlst und kommuniziere das auch. Wenn es dich verletzt, dass sie von heute auf morgen mal kurz für a paar Wochen in Selbstfindungsurlaub verschwindet, dann sag ihr das auch und spiel nicht den Verständnisvollen, nur damit das arme Mädchen net noch mehr unter Druck gesetzt wird. Den Druck macht sie sich doch selbst, weil sie sich nicht traut, zu sagen was Sache ist. Aber genau das sollte sie tun. Versuch ihr zu vermitteln, dass du sie auch noch lieben wirst, wenn sie das getan hat. Man liebt einen Menschen nicht für das, was er tut, sondern für das, was er ist. Es ist also egal was sie tut. Und wenn sie sich nicht traut zu zeigen wer sie ist (dir und - viel schwieriger noch - sich selbst), dann wird sie nie geliebt werden. Kommt von ihr eigentlich auch mal was zurück? Du schriebst, ihr habt ihre Wohnung eingerichtet, sie erzählt dir von ihren Problemen. Was tut sie für dich?
Sorry für das längliche Geschreibsel, viel Glück (dir und mir),
Markus