Ich lese gerade des Öfteren etwas von Sicherheit, Beständigkeit, Stabilität. Ist die Partnerschaft dann ein Ersatz für die Selbstsicherheit, die Stabilität des eigenen Lebens und die Beständigkeit des eigenen selbst? Oder eine Erweiterung?
kein ersatz - aber auch keine erweiterung. es ist etwas zusätzliches, das halt und stärke gibt, bestimmte lebenssituationen zu bewältigen. und auch eine möglichkeit, die schönen seiten des lebens, die freude und lust gemeinsam zu erleben. lust und freude wachsen, wenn man sie teilt. ebenso wie liebe. ja, ich weiß, klingt wie aus rosamunde pilcher. ist aber so.
was ist mit den für viele durchaus erstrebenswerten Werten wie Freiheit ( als anderer Pol der Sicherheit ) und Veränderung ( als anderer Pol der Stabilität, denn diese bedeutet auch Stagnation )
gerade in einer guten partnerschaft darf ich mich in den belangen, die mir wichtig sind und die mich als persönlichkeit ausmachen, durchaus frei fühlen. nicht nur frei, sondern sogar unterstützt und bestärkt. weil meine süße meine interessensgebiete und tätigkeitsfelder kennt, macht sie mich auf vieles aufmerksam, was mir höchstwahrscheinlich entgehen würde. und so ist es auch umgekehrt. wie passt das in deine systematik?
stabilität (auf die partnerschaft bezogen) bedeutet nicht automatisch stagnation. beide beteiligte verändern sich in der partnerschaft ja sehr wohl die ganze zeit über - was aber nicht bedeutet, dass sie sich damit auseinander entwickeln müssen. das KANN vorkommen, MUSS aber nicht sein.
Aus was besteht denn eine Partnerschaft? Aus zwei Ichs, hoffe ich. Und außerdem?
Es ist mE. grundfalsch aus 2 Ich´s 1 Ich mit 2 Körpern machen zu wollen auch wenn das eine nette romantische Vorstellung ist....
die partnerschaft besteht m.e. aus dreieinhalb komponenten: aus den beiden individuen, der partnerschaft als interaktion - ja, und dann ist da noch die umwelt, mit der interaktion nach innen und außen. stabilität heißt für mich in dem sinn, dass dieses ganze multilaterale dings trotz aller dauernden veränderungen und einflüsse intakt (im sinn von funktionsfähig) bleibt. aber an alle diese sich ständig bewegenden komponenten angepasst. ist das stabilität = stagnation???
mein partner, der heute in der früh aufgewacht ist, ist nicht derselbe, mit dem ich gestern in der nacht eingeschlafen bin. stimmt heute sogar besonders, weil meine süße etwas ganz blödes geträumt hat. und sie hatte heute angst um uns - aus nix als diesem traum heraus. und daher war auch ich heute in der früh ein anderer, als gestern beim einschlafen - um ihr genau diese angst zu nehmen. ist das stabilität = stagnation???
Natürlich hat Treue in einer Beziehung nur Wert wenn sie freiwillig "gegeben" wird - die Forderung danach offenbart ein Beziehungsproblem oder ein Persönlichkeitsproblem.
ich muss wieder meine bekannte zitieren: das gegenteil von liebe ist angst ...
Nur ist das natürlich so eine Sache, denn was in einer "gesunden" Beziehung kann denn eine Forderung sein? Oder ist nicht doch alles ein freiwilliges Einbringen....
das gesamte zusammensein, die ganze beziehung ist ein freiwilliges "sich aufeinander einlassen". aber ängste spielen in einer partnerschaft eine wesentliche rolle. ob man das nun will oder nicht.
in einem Umfeld stabiler, beständiger Sicherheit kann sich jeder bewegen ( sofern man dazu noch "Bewegung" sagen kann ). Wer aber mit Freiheit unter gleichzeitiger Aufgabe von Sicherheit ( denn das sind die 2 Seiten der selben Medaille ), mit Unsicherheit ( der Preis der Entwicklung statt der Beständigkeit ) umgehen kann braucht Selbstsicherheit - denn es ist das Einzige worauf er sich verlassen kann....und eine 100%ige Erfolgsgarantie insofern als dass ein solcher Mensch auch lernt, Rückschläge selbst zu verantworten und damit auch problemlos zu verarbeiten.
guter aspekt, aber ...: auch meine süße, die wahrlich kein leichtes leben hinter sich gebracht hat, und das zu allermeist auf sich allein gestellt, hat am anfang schwierigkeiten damit gehabt, dass sie da jetzt nicht allein alles aus dem weg räumen muss. sie hatte angst, dass sie diese fähigkeit verlernen und diese kraft dazu verlieren würde. das IST ein aspekt. nur hat sie mit der zeit begriffen, dass da jetzt auf einmal tatsächlich ZWEI menschen sind, die lasten bewältigen können. und es nicht nur praktisch und bequem, sondern durchaus zweckdienlich ist, das zu nutzen - denn wenn einer mal in der klemme steckt oder probleme hat, dann kann der andere zur seite springen (hoffentlich). und ebenso umgekehrt. es ist nicht nur ein nehmen, sondern auch ein geben. und diese waage verlangt nicht einmal einen permanenten oder periodischen ausgleich, sondern lediglich die gewissheit, dass der andere jederzeit bereit wäre, ein gewicht nachzulegen, wenn es drauf ankommt.
partnerschaft ist für mich außerdem kein trainingslager für die nächste phase des alleinseins oder die nächste beziehung, sondern vom grundsatz her von beiden, die so eine beziehung eingehen darauf ausgelegt, ein leben gemeinsam zu bewältigen. in guten wie in schlechten zeiten, bis dass der tod euch scheidet. das klingt jetzt verzopft katholisch. hat damit nix zu tun - sondern bloß mit dem plan, eben das kommende zu teilen, freude ebenso wie leid. und es ist ein in meinen augen fataler trend unserer zeit, beziehungsprobleme zu umgehen, statt sie zu bewältigen. wir lösen, wenns im getriebe knirscht, die beziehung einfach auf und gehen irgendwann später eine neue ein, ... wo uns genau diese ungelösten probleme (wenn sie nichts mit der interaktion zu tun hatten, sondern mit einem selber) mit treffsicherer genauigkeit wieder einholen.