Was genau ist für die eine offene Beziehung? Und, können sich
nicht Menschen immer ändern - also auch die, mit denen du einen offene
Beziehung lebst? Dies allein scheint für mich noch nicht ein wirklich guter
Grund zu sein, offene Beziehungen polyamorösen Beziehungen vorzuziehen??
Die Wortdefinitionen sind immer das schwierigste an dieser Materie. Menschen
reden stundenlang, glauben sich auf einer Wellenlänge und meinen am Ende doch
etwas grundverschiedenes. Es gibt halt viel mehr Beziehungsausprägungen als
Worte dafür.
Persönlich ist für mich eine offene Beziehung eine solche, bei der ich eine primäre
Bezugsperson habe. Der widme ich so viel Zeit, wie
sie von mir benötigt,
für die bin ich zuerst da, wenn ich mich am liebsten teilen würde, sie ist die
Konstante, die vorgibt, in welchem Rahmen sich alles andere bewegen kann (und
umgekehrt natürlich ähnlich). Dass dafür nicht einfach
irgendwer in Frage
kommt, liegt auf der Hand. Andere Partnerinnen müssten sich dem unterordnen;
sie lägen zwar auch auf einer Wellenlänge mit mir (sonst wären sie nicht in dieser
Position), aber es wäre doch klar, dass ich im Konfliktfall eher die Beziehung zu
ihnen abbrechen würde, als zur "Haupt-Partnerin".
Die Scheidungsrate zeigt, dass so etwas nie Sicherheit geben kann, aber darum
geht es mir auch nicht ausschliesslich. Auch das blosse Gefühl von Sicherheit ist
ein Wert an und für sich, den ich inzwischen schätzen kann, der Logik und dem
Kopf zum Trotz. Andere sagen vielleicht "Perspektive" dazu.
Deshalb auch zum zweiten Teil der obigen Frage: ja, Menschen können sich immer
ändern, tun das sogar unweigerlich. Beziehungen können zerbrechen, monogame
wie offene wie polyamouröse - tun dies zum überwiegenden Teil auch. Dennoch
fände ich (auf rein theoretischer Ebene, momentan bin ich ja wieder Freelancer)
die
Idee dahinter bei einer offenen Beziehung vielversprechender; die für
mich attraktive Mischung aus Konservativismus und Vielseitigkeit.
Spannend. Ich habe ja den Ansatz, dass es einen kleinen, Miniteil der Gesellschaft
gibt, der polyamorös veranlagt ist und diese Menschen können sich nicht
aussuchen, ob sie solche Beziehungskonstellationen suchen oder nicht
Da kann ich nicht mitreden. Die beiden Konstellationen, bei denen ich echte
Polyamory erlebe (d.h. Freiwilligkeit, keine von aussen erkennbare Abhängigkeit
eines der Partner, gegenseitige Offenheit, auf unbestimmte, aber längere Dauer
ausgelegt) sind eher zufällig entstanden, als geplant. In einem der beiden Fällen
war "sie" eine der erzkonservativsten Ehefrauen überhaupt - bis sie dann plötzlich
den zweiten, um 15 Jahre jüngeren Mann bei sich im Haus hatte. Inzwischen leben
die seit ca. 8 Jahren zu dritt.
Aber die Gefahr haben wir doch immer, wenn wir uns auf Menschen
einlassen, ihnen unser Herz und unsere Seele öffnen
Erzähl mir was neues, ich habe auch schon eine gescheiterte Ehe hinter mir
Das ist mir zumindest auch in monogamen Beziehungen gar nicht so
selten passiert....Was es nicht weniger traurig, schmerzhaft und ärgerlich macht
Damit hast Du zweifellos recht (und danke für Deine Worte, die tun gerade sehr
gut). Ich weiss nicht, ob ich es schaffe, den Unterschied herauszuarbeiten: die
den Frauen, die mich aus eigenem Antrieb verlassen haben, lassen sich ganz grob
in zwei Gruppen einteilen. Die einen hatten Probleme mit mir als Person - zu viel
dies, zu wenig jenes, fehlende Kommunikationsbasis, anderes in dieser Richtung.
Das tut natürlich ebenfalls weh, ist aber irgendwie erfassbar und nachvollziehbar.
Die andere Gruppe hatte (nach eigener Aussage, wer kann das schon prüfen)
überhaupt kein Problem mit mir, war unendlich traurig darüeber, sich von mir
trennen zu müssen und tat dies auch nur, weil da gerade jemand anderer war,
der ihnen noch mehr ans Herz gewachsen ist. Diese Gruppe ist viel schwieriger
handhabbar - machten sie sich selbst etwas vor, wollten sie mich bloss schonen,
war es tatsächlich so, wie erzählt? Jedenfalls ist es einfacher, dass so etwas
geschieht, wenn von vornherein keine Rangfolge im eigenen Kopf geplant ist -
ein Schritt weniger, der eventuell ausreichend hätte sein können. Und nicht
zuletzt ein Gebiet, bei dem ich mir nicht sicher bin, wann und ob ich jemals
wieder so weit vertrauen werde können, letztlich bin ich doch auch nur ein Kind
meiner Erfahrungen.
Servus,
SlowFox
@dousquebi: danke für Deinen verständnisvollen Beitrag, der sich so detailliert
mit meiner persönlichen Sichtweise des Themas auseinandersetzt. Wären alle
Schreiber so tiefschürfend wie Du, bräuchte es kein Lamentieren über
Oberflächlichkeit mehr, ich werde mir das zu Herzen nehmen.
@seingault: da es keine offiziellen, verbindlichen Definitionen für all diese Worte
gibt, kann das jeder sehen, wie er möchte. Mir ist allerdings noch keiner
untergekommen, der
zeitlich folgende Partnerschaften als polymourös
bezeichnet hätte. Bei vorübergehenden Bettaffairen sieht das dann schon anders
aus, aber da vertrete ich auch eher eine striktere Bezeichnugsweise.