Ich habe wahre Liebe in den letzten Jahren bei meinen Eltern sehen dürfen wie ich sie als Sohn zuvor nie bewusst wahrgenommen habe.
Beide aus eher ärmlichen Verhältnissen kommend haben sich mit 17 bzw. 22 Jahren kennengelernt und sind zeitlebens zueinander gestanden- fast 60 Jahre.
Einige Krisen wurden bewältigt, man hat gemeinsam etwas geschaffen, Kinder, Freundschaften, Haus und noch vieles mehr.
Als mein Vater vor 5 Jahren schwer an Demenz erkrankt ist und immer wieder zur Diskussion stand dass er in ein Pflegeheim müsse wurde das von Mutter immer kategorisch abgelehnt mit dem Hinweis sie würde ihn jetzt nicht im Stich lassen obwohl er selbst solange es noch ging und sein Verstand klar war einen Einzug in ein Pflegeheim zu erwägen.
Es war nicht nur ihre Angst vor dem Alleinesein sondern die tiefe Zuneigung die die beiden innig verbunden hat.
Bis zum letzten Tag war sie bei ihm, hat ihn, der es wahrscheinlich in der letzten Zeit nicht einmal mehr mitbekommen hat, in den Arm genommen, mit ihm, der sich jeden Tag ein wenig mehr von uns entfernt hat ,gesprochen, ihn gestreichelt und alles bis zur Selbstaufopferung unternommen ihm die verbleibende Zeit so gut wie nur irgendwie möglich zu bereiten.
In guten wie in schlechten Tagen....bis zu seinem letzten Tag.
Ein Handeln aus tiefer Zuneigung.
Ich habe in der Zeit sehr viel mit ihr und ihre Beziehung zu meinem Vater gesprochen und dabei rückwirkend Dinge aus meinem und ihrem Leben in anderem Licht gesehen.
Er war der einzige Mann in ihrem Leben und sie hatte niemals Interesse an einem anderen, weil sie ihn innig geliebt hat, trotz seiner Fehler.
Sie hat ihn zeitlebens immer als ganzen Menschen empfunden.
Diese Zeit war einerseits schmerzlich für mich, aber andererseits war es auch sehr schön zu sehen wie sehr die beiden ein Paar und noch vielmehr Eltern für mich waren und es war für mich auch eine Zeit an so etwas wie wahre Liebe zu glauben.